Gleichstellung Frauen Männer
Ein Bild aus vergangenen Zeiten oder noch immer gelebter Alltag? Die Mehrbelastung von Frauen ist nach wie vor sehr hoch.
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"Wir wären nie gewaschen und meistens nicht gekämmt, die Strümpfe hätten Löcher, und schmutzig wär das Hemd." Auch 20 Jahre später bringt das Gedicht Mütterlein der deutschen Schriftstellerin Eva Rechlin, vorgetragen im Film Muttertag, die Situation von Frauen auf den Punkt.

Die Sorgelast tragen Mütter großteils allein. Acht von zehn Vätern gehen nicht einmal in Elternkarenz. Aufschluss über die ungleiche Verteilung der unbezahlten Sorgearbeit, sobald Kinder ins Spiel kommen, gibt der Gender-Care-Gap. Er beschreibt das unterschiedliche Ausmaß an Zeit, die Männer und Frauen in unbezahlter Arbeit verbringen. Der absolute Rekordwert des Gaps liegt in der Altersgruppe der 30- bis 34-Jährigen. Hier übernehmen Frauen um sagenhafte 130 Prozent mehr Sorgearbeit als Männer. Auf Kosten ihrer Berufstätigkeit. In Österreich arbeitet jede zweite Frau in Teilzeit. Drei von vier Mütter mit Kindern unter 15 Jahren sind in einem Teilzeitjob. Trotzdem arbeiten Frauen täglich mehr Stunden als Männer. Großteils aber unbezahlt in der zweiten Schicht zu Hause. Nach dem Brotjob stemmen sie den Haushalt, die Kinderbetreuung und die Pflege von (älteren) Angehörigen.

Ein Vielfaches

Doch die Mehrbelastung von Frauen beginnt und endet nicht mit dem Kinderwunsch. Über alle Altersgruppen hinweg, also von den Zehnjährigen bis zu den über 75-Jährigen, leisten Frauen knapp drei Viertel mehr Sorgearbeit. Egal ob am Anfang ihres Lebens, in der Mitte oder am Lebensabend, Frauen übernehmen ein Vielfaches mehr an Familien- und Haushaltsarbeit.

Die Weichen dafür werden schon bei den Jüngsten gestellt: Zehn- bis 14-jährige Mädchen leisten um ein Drittel mehr unbezahlte Haus- und Sorgearbeit als gleichaltrige Buben, unter Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren ist es bereits um die Hälfte mehr. Das zeigt unsere Analyse anhand von Daten der Zeitverwendungserhebung der Statistik Austria.

Die oft geäußerte "Erklärung", dass Frauen deshalb mehr unbezahlte Arbeit übernehmen, weil sie ohnehin "nur" Teilzeit arbeiten, gilt bei Kindern und Jugendlichen definitiv nicht. Veraltete, aber nach wie vor verbreitete Rollenbilder sorgen schon bei den Jüngsten für eine ungleiche Aufteilung der Sorgearbeit.

Ein Blick auf die Tätigkeiten, die Kinder und Jugendliche verrichten, zeigt: Das traditionelle Rollenbild "Hausarbeit und Kinder sind Frauensache" ist immer noch aktuell. Bei den zehn- bis 14-jährigen Buben und Mädchen passiert die Aufteilung von unbezahlter Haus- und Care-Arbeit entlang der Geschlechtergrenzen. Buben erledigen eher die Gartenarbeit, versorgen Nutztiere und gehen mit dem Hund spazieren. Mädchen verbringen deutlich mehr Zeit mit Aufräumen und Putzen, Kochen und Geschirrabwaschen oder Einkaufen.

Bei den 15- bis 19-Jährigen beschränken sich die Arbeiten, bei denen Burschen mehr übernehmen, auf "Outdoor-Tätigkeiten" wie Gartenarbeit, kleinere Reparaturen im Haus oder in der Wohnung. Die Mädchen bringen ihre jüngeren Geschwister in den Kindergarten oder passen nachmittags oder abends auf sie auf.

Wünschen wir uns für unsere Töchter ökonomische Unabhängigkeit, wird es Zeit, diese Rollenbilder über Bord zu werfen. Es ist kein Naturgesetz, dass die Mama Haushalt, Kinder und Großeltern schupft und nebenbei Teilzeit arbeitet, während der Papa das Geld nach Hause bringt.

Mehr Stunden

Wenn wir wollen, dass die kommenden Generationen Sorgearbeit gerecht aufteilen, muss es die Rahmenbedingungen geben, die das Vorleben von Gleichberechtigung ermöglichen. Es braucht aktive Väter, die in Karenz gehen und auch nach dem Wiedereinstieg in den Job ihren Teil der Sorgearbeit leisten. Eine verpflichtende Väterkarenz, wie sie etwa in skandinavischen Ländern bereits Standard ist, könnte dabei helfen, das Fundament für jede junge Familie gleichberechtigt zu bauen. In Island wird die Elternkarenz unter den Eltern etwa 50:50 aufgeteilt. Übernimmt der Vater seinen Teil nicht, verfällt dieser Karenzanspruch. Und siehe da: Mehr als 90 Prozent der isländischen Väter gehen im Schnitt in Karenz. Für Alleinerziehende gilt der Karenzverlust selbstverständlich nicht.

Verkürzen wir die Arbeitszeit, dann bleibt Männern mehr Zeit für die wichtige unbezahlte Arbeit. Ihren Partnerinnen ermöglicht es wiederum, mehr Stunden einer bezahlten Arbeit nachzugehen. Das tut dringend Not, um die finanzielle Unabhängigkeit von Frauen zu sichern, und es senkt gleichzeitig das Risiko weiblicher Altersarmut. Eine umfangreiche Kindergarten- und Pflegeoffensive schafft nicht nur Jobs, sondern sorgt dafür, dass beide Elternteile gleichermaßen einem (verkürzten) Vollzeitjob nachgehen können. Wer möchte, dass alle Kinder, ob Mädchen oder Bub, sich voll entfalten können, muss ihnen zeitgemäße Vorbilder geben. (Katharina Mader, 8.3.2024)