Bald ist es wieder so weit: Am 8. März ist Frauentag. Ein guter Anlass, sich anzusehen, wie es um die Gleichstellung der Geschlechter in Unternehmen steht. Es dürfte keine große Überraschung sein, dass auch dieses Jahr die Antwort lautet: kaum besser als im Vorjahr. Blickt man auf die Führungspositionen im technischen Bereich, fehlt es oft an weiblichen Vorbildern. Bei der Recherche nach solchen stößt man unweigerlich auf drei Frauen bei Siemens: Patricia Neumann, Sonja Wehsely und Tanja Kienegger. Wie führte sie ihr Weg in diese Positionen, und ist Siemens deswegen ein Vorzeigeunternehmen?

Kaum Frauen in Führungspositionen

Wie eine neue Deloitte-Umfrage unter 250 Führungskräften sowie 500 Angestellten zeigt, gewinnt die Gleichstellung der Frauen zwar leicht an Bedeutung, aber jedes zweite Unternehmen hat noch keine entsprechenden Ziele vereinbart. Zudem wird in dem aktuellsten Mixed-Leadership-Barometer des Beraterhauses EY deutlich, dass nach wie vor die Vorstandsposten hauptsächlich von Männern bekleidet werden.

Von 202 Vorstandsmitgliedern der österreichischen börsennotierten Unternehmen sind nur 24 Frauen. Das entspricht einem Anteil von 11,9 Prozent. Das ist allerdings viel besser als bei der ersten Erhebung im Jahr 2015. Zu diesem Zeitpunkt waren nur 4,1 Prozent der Posten mit Vorständinnen besetzt. Es geht also bergauf – wenn auch nur sehr schleppend.

Weibliche Führungsriege

Portrait der drei Frauen
Tanja Kienegger, Sonja Wehsely und Patricia Neumann (v. li.) schätzen an ihrem Beruf besonders, dass die von Siemens entwickelten Produkte das Leben von Menschen verbessern.
Siemens / Sebastian Freiler

Doch wie sieht es konkret bei Siemens in den Führungsetagen aus? Im Vergleich zu anderen börsennotierten Firmen wesentlich besser. Drei Frauen haben hohen Positionen inne. Patricia Neumann ist Vorsitzende des Vorstands der Siemens AG Österreich. Sonja Wehsely ist Head of Central Eastern Europe & Central Asia bei Siemens Healthineers. Die Firma ist im Bereich Medizintechnik aktiv. Tanja Kienegger ist seit vorigem Jahr Chefin von Siemens Mobility Austria.

Sie erarbeiten Lösung für den Transport- und Verkehrssektor. Allerdings sind jene Aufsichtsräte nicht zur Hälfte mit Frauen besetzt. Dieses Ungleichgewicht ist den dreien bewusst. "Nur weil wir Frauen hier in diesen Positionen sitzen, ist noch lange nicht alles in Ordnung", meint Wehsely. 2018 wurde in Österreich das Gleichstellungsgesetz eingeführt. Das schreibt eine verpflichtende Geschlechterquote von 30 Prozent für Aufsichtsräte sämtlicher börsennotierter Unternehmen vor. "Das stärkste Mittel gegen strukturelle Benachteiligung ist die Quote – sie bricht verkrustete Strukturen auf", sagt Wehsely.

Mit Zielen und Maßnahmen zur Veränderung

Doch es gibt nicht nur das Ziel, mehr Frauen in Führungspositionen zu berufen. "Ganz entscheidend ist es jetzt, die besten Fachkräfte anzuwerben, um auch nachhaltig innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben, trotz der Standortkosten in der EU", sagt Patricia Neumann, die Chefin der Siemens Österreich AG. Um möglichst viel neues Personal auszubilden, bietet das Unternehmen auch duale Ausbildungen an. Aber auch hier könnte die Frauenquote noch besser sein.

"Im Grazer Werk sind aber erfreulicherweise 30 Prozent der Lehrlinge weiblich", erzählt Tanja Kienegger. Damit weiterhin mehr Frauen technische Berufe wählen, wurden bei Siemens Mobility verschiedene prozentuale Ziele festgelegt, zum Beispiel wie viele weibliche Lehrlinge und Werkstudentinnen eingestellt werden sollen. Der Konzern hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, bis 2025 einen Frauenanteil von 30 Prozent im Topmanagement zu erreichen.

Damit die Arbeitsbegebenheiten in höheren Positionen flexibler werden, ist Jobsharing auch im Management möglich. Zum Beispiel teilen sich die Personalverantwortlichen bei Siemens Healthineers in Österreich die Führungsrolle. Der Betriebskindergarten hilft ebenfalls dabei, die Sorgearbeit besser mit dem Berufsalltag zu vereinen. Darüber hinaus sind divers besetzte Teams bei Bewerbungsgesprächen verpflichtend. Des Weiteren gibt es auch ein verpflichtendes Training für Führungskräfte zum Thema "Unbewusste Voreingenommenheit gegenüber Frauen und Männern".

Karrierewege

Doch wie führten die Karrieren der drei Siemens-Chefinnen zu ihren jetzigen Positionen? In jeder Erwerbsbiografie gibt es Schlüsselmomente. Sonja Wehsely meint, dass es manchmal eine ordentliche Portion Mut braucht: "2017 wechselte ich von der Politik in die Industrie. In diesem Bereich hatte ich noch nicht gearbeitet. Es war ein Sprung ins kalte Wasser."

Auch Tanja Kienegger erinnert sich an einen wichtigen Moment in ihrer Karriere. Bei ihrem vorherigen Arbeitgeber wurde eine Führungsposition frei. Bis dahin hatte sie aber noch keine Managementrolle übernommen. "Als ich dafür angefragt wurde, traute ich mir das am Anfang nicht zu 100 Prozent zu. Aber meine damalige Führungskraft war von meiner Kompetenz überzeugt. Manchmal braucht es einen kleinen Schubser in die richtige Richtung."

Patricia Neumann betont, dass ihre Arbeitsjahre im Ausland sie sehr prägten. Das stärkte sie für ihre Führungsaufgaben. Sie ist auch weiterhin optimistisch, mehr Frauen in die Führungsetagen zu bringen: "Die Herausforderungen sind groß, aber wir ermutigen Frauen weiterhin, ihren Weg zu gehen." Sonja Wehsely formuliert es noch schärfer: "Die frühere US-amerikanische Außenministerin Madeleine Albright sagte: In der Hölle gibt es einen speziellen Platz für Frauen, die anderen Frauen nicht helfen." (Natascha Ickert, 4.3.2024)