Kate Middleton
Das Foto aus dem englischen Königshaus hat die Sensibilität gegenüber möglichen Fake-Fotos erhöht.
Kate Middleton

Abgeschnittener Pullover, unnatürlich verdrehte Finger und eine unwirkliche Beleuchtung: Genau zum Muttertag am vergangenen Sonntag veröffentlichte die Prinzessin von Wales Kate Middleton ein Familienfoto, das schnell als Fotomontage enttarnt wurde. DER STANDARD hat berichtet.

Kurz darauf stellte Middleton in einer Stellungnahme klar, dass sie als Amateurfotografin gern auch mit Bildbearbeitung herumexperimentiert und das Foto deshalb bearbeitet hatte. In wenigen Worten entschuldigte sie sich für "jegliche Verwirrung", die dadurch entstanden sei.

Aber ist es wirklich heute mit all den Apps und KI-gestützten Smartphones schwierig, ein gutes Familienfoto hinzubekommen? Und wie gehen Medien und Bildagenturen mit der Problematik der Fotomontage um?

Video: Wirbel um Kates manipuliertes Familienfoto.
AFP

Gutes Familienfoto

Grundsätzlich sind heute kaum noch Fotos unbearbeitet. Viele haben das Smartphone als ihre Hauptkamera entdeckt, und da gehört es oftmals zum guten Ton, einen Filter zu verwenden, ein Bild zu beschneiden oder Ähnliches. Bestimmte Smartphones nutzen schon vorab Filter, um beispielsweise schlechtes Licht auszugleichen oder Hautunregelmäßigkeiten weichzuzeichnen.

Wer die Fotos primär privat verwendet, wird sich da weniger bemühen, außer für den jährlichen Familienkalender, wer allerdings vermehrt auf Instagram tätig ist oder sogar Teil eines Königshauses ist, wird schon aktiv diese Filter einsetzen.

Für das perfekte Familienfoto macht man heute zumeist einfach ganz viele Fotos und hofft, dass auch der Dreijährige einmal keine Grimassen schneidet. Blöd, wenn genau auf diesem einen Foto die Oma gerade die Augen zumacht. Schwierig. Der Problematik hat sich bislang nur Google wirklich angenommen, indem es im Vorjahr "Best Take" eingeführt hat. Hier werden mehrere Fotos in Serie aufgenommen, wobei dann für ein gemeinsames Bild der jeweils optimale Gesichtsausdruck gewählt werden kann. Das Ergebnis ist verblüffend, die KI sorgt (meist) für eine nahtlose Zusammenführung. Das Feature ist noch dazu denkbar einfach zu nutzen, es werden schlicht für jedes Gesicht alternative Varianten angezeigt.

In einer Marketing-Kampagne sieht das Feature natürlich sehr gut aus, aber auch im Selbstversuch funktioniert das Feature.

Google Pixel 8: Best Take
Eindrucksvolles Video zum Feature Best Take.
Made by Google

Bis jedes Smartphone mit solch einem Feature ausgestattet wird, dauert es aber wohl noch ein wenig. Sieht man sich in den App-Stores um, gibt es zwar bereits zahlreiche "Face Swap"-Apps, aus Datenschutzgründen würden wir allerdings nicht empfehlen solche Apps von unbekannten Herstellern aus dem Netz zu laden, um dort die eigenen Gesichtsdaten zur Verfügung zu stellen. Vertrauenswürdiger ist da etwa die Adobe Creative Suite, falls man Besitzer einer Lizenz ist. Dann kann man mit Tools wie Luminar oder Photomaker auch schon sehr ordentliche Ergebnisse erzielen. Features wie Objekte "magisch" entfernen entwickeln sich hier immer mehr zu einem Standard-Feature von Bildbearbeitungsprogrammen, wie zahlreiche Youtube-Videos schon länger erklären. Sie sicher einzusetzen erfordert dennoch Übung – aber immer weniger.

Faktencheck nötig

Alternativ könnten versierte Naturen noch Programme wie Photoshop nutzen, aber dazu benötigt man weit mehr Zeit und Geschick, wie man jetzt auch im englischen Königshaus weiß. Im Foto von Kate Middleton waren grobe Fehler enthalten, die man vielleicht auf den ersten Blick gar nicht gesehen hätte, wäre es ein Foto von irgendeiner Familie gewesen. In diesem Fall hat die Welt allerdings genauer hingesehen und die eingangs erwähnten Ungereimtheiten und noch einige mehr gefunden.

Kate Middleton
Beim Foto von Kate Middleton waren zahlreiche Fehler im Bild enthalten, die Profis schnell erkannten.
Kate Middleton/Instagram/STANDARD

Otto Beigelbeck, tätig in der Bildbearbeitungsabteilung beim STANDARD, hat jahrelange Erfahrung mit gewollten oder ungewollten Bildfehlern und damit einen Blick für Manipulationen. "Wenn man ein Bild ganz stark vergrößert und unterschiedliche Pixelgrößen feststellt, kann man davon ausgehen, dass etwas hineinmontiert oder nachträglich skaliert wurde." Meistens sind Fehler laut Beigelbeck an Händen, Fingern, Füßen und Zehen erkennbar. "Auch Haare können teilweise unnatürlich aussehen", Licht und Schatten bei mehreren Objekten nicht zusammenpassen.

Beim Foto von Kate wären ganz klar Photoshop-Arbeiten sichtbar, sagt der Profi. Die Hand links von Kate sei "unnatürlich", Haare zum Teil unsauber "montiert" und einige Punkte mehr, wie er auf dem oben zu sehenden Foto markiert hat. "Grundsätzlich möchte ich hinzufügen, dass es bei der Flut an Fake-Fotos immer schwieriger wird, diese auf Anhieb zu erkennen, vor allem für 'Nicht-Professionisten'." Mittlerweile gebe es viele gute Experten, die sehr gute Fotomontagen erstellen können und laut Beigelbeck genau wissen, worauf man achten muss. Das mache das Erkennen von Fake-Fotos letztendlich äußerst schwierig.

Das schnelle Onlinegeschäft würde sicher nicht helfen, jeden Fehler sofort zu bemerken, aber die Aufmerksamkeit von Fotoredaktion und professionellen Bildbearbeitern wäre auch dank des KI-Hypes der letzten Monate sehr fokussiert auf das Gegenchecken von Fotos.

Auch bei Agenturen, wo sich Tages- und Wochenzeitungen im Bildarchiv bedienen, ist man aufgrund des Vorfalls zusätzlich sensibilisiert. Bei der APA hat man bereits seit einigen Jahren eine Abteilung für den sogenannten "Faktencheck" gegründet. In einem internen Review-Prozess machen Gegenleserinnen und Gegenleser auf Unklarheiten, Probleme und Fehler aufmerksam, wenn sie solche bemerken. Anfang Februar zeigt man auf der Website der APA ein Beispiel eines Fotos, das im Rahmen von Demonstrationen in Deutschland immer wieder veröffentlicht wird, in Wirklichkeit aber von 2019 stammt und die Türkei zeigt.

Das Bild von Kate Middleton wirft allerdings zusätzliche Fragen auf, erklärt Florian Schmidt, Verification Officer bei APA-Faktencheck. "Unklar bleibt, warum das Bild bearbeitet wurde. In der Vergangenheit wurden etwa bei einem ähnlichen Familienbild des ehemaligen australischen Premiers Scott Morrison einfach die dreckigen Turnschuhe mit weißen Sneaker ersetzt. Selbst wenn die Beweggründe harmlos sein sollten, ist die Außenwirkung, insbesondere in Sachen Vertrauenswürdigkeit, fatal."

Solche Bearbeitungen würden wie im aktuellen Fall Geraune provozieren, das bereits in den letzten Wochen in verschiedenen Gruppen kundgetan wurde. Auch sei es in Zeiten, die von technologischen Fortschritten wie bei künstlicher Intelligenz geprägt sind, keine gute Idee, mit editierten Bildern die Verunsicherung in der Bevölkerung auch "gegenüber offiziellen Institutionen zu erhöhen", erklärt Schmidt.

Eine spannende Frage ist laut Experten auch, wie es sein kann, dass man bei einer solch klassischen Fotomanipulation derartige "KI-ähnlichen" Fehler herstellt. Vor allem in einer Zeit, in der die KI fast schon so weit ist, dass derartige Bilder tatsächlich generiert werden könnten, sei die Frage berechtigt. Im Faktencheck-Team habe man mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass das Foto von Middleton und ihrer Familie ein KI-generiertes Bild ist. "Es sind zu viele Details mit zu hoher Auflösung zu sehen, dass das vermutlich (noch) nicht von einer KI stammen kann", sagt Schmidt.

Die Art der Fehler deute auf eine klassische Fotomanipulation hin und nicht auf KI-Fehler. Aber der größte Teil dieser Einschätzung würde auf den Erfahrungen beruhen, die das Team mit bisherigen KI-Bildern habe. "Diese Unsicherheit wird in der Zukunft immer weiter wachsen", gibt Schmidt zu bedenken. Metadaten seien auf Social-Media-Plattformen bei Bildern nicht enthalten, ein magisches, zu 100 Prozent zuverlässiges KI-Detektion-Tool gebe es zudem auch nicht. "Es wäre daher wünschenswert, wenn es rasch Regulierungen etwa durch Wasserzeichen für KI-Inhalte gäbe. Ob so etwas überhaupt durchsetzbar ist, bleibt abzuwarten."

Fazit

Das "private Foto" von Kate ist im Superwahljahr eine gute Erinnerung an alle Gatekeeper wie Medien, Agenturen und andere Menschen mit großer Reichweite, dass Fotos und Videos speziell in diesem Jahr sehr genau kontrolliert gehören. Hier geht es um einen abgeschnittenen Pullover und verdrehte Finger – harmlos im Vergleich zu einem Staatsoberhaupt, das bei angeblichen Verhandlungen mit anderen Staatsoberhäuptern gezeigt wird oder auch in peinlichen Situationen, um Rufschädigung zu betreiben.

Auch im privaten Bereich sollte man nicht leichtfertig Stimm- oder Gesichtsdaten in zufällig gefundenen oder auf Tiktok empfohlenen Apps hochladen. Diverse Vorfälle im Vorjahr haben gezeigt, wie Cybercrime und Betrug durch Identitätsdiebstahl stark zunehmen. Also im Notfall auch ein weniger perfektes Familienfoto in Kauf nehmen, bevor man sich auf unsicheres Terrain begibt. Manchmal kann eine Grimasse auch eine schöne Erinnerung sein. (Alexander Amon, 12.3.2024)