Zwei befreundete Seniorinnen jenseits der 70 sitzen im Wohnzimmer und unterhalten sich. Ihr Gespräch dreht sich nicht um die lieben Enkel, Strickanleitungen oder die spezielle Zutat, die den Apfelkuchen besonders saftig macht. Stattdessen sprechen Jenny Simanowitz und Kathy Tanner in Dirty Old Women über große Penisse, lachen über verschluckte Hörgeräte beim Oralsex oder empfehlen sich Kokosnussöl als ideales Gleitmittel. Das ist nämlich nicht nur günstig, sondern damit kann man auch noch kochen.

Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollte klar sein, dass es sich bei den Frauen nicht um klassische Omis handelt. Das Einzige, das sie mit dem gängigen Bild einer Großmutter verbindet, ist Marmelade. Nicht jedoch das Marmeladekochen, sondern der bekannte Song, den Darbo lange Zeit für seine Marmeladewerbung verwendet hat: Coin-Operated Boy von The Dresden Dolls.

Mit diesem Lied kamen die Kommunikationstrainerin Simanowitz und die irisch-österreichische Schauspielerin Tanner am Dienstagabend zur Premiere ihres englischsprachigen Programms auf die Bühne des Kabaretts Niedermair.

Endlich ältere Frauen im Comedy-Segment

Darin plauderten sie ziemlich pikant über Erfahrungen auf einer Datingplattform, die ihre goldenen Jahre aufpeppen soll. Dort wollen sie nicht nur gefallen, sondern auch authentisch wirken. Auf den Tipp ihrer Freundin, Schminke zu tragen, entgegnet Tanner: "Ich trage kein Make-up, das lässt mich alt wirken." Prompt wurde sie dafür mit einem ranzig gewordenen Molkereiprodukt verglichen: "Wenn du Milch wärst, würde ich an dir riechen, bevor ich dich öffne." Zudem versuchen sie auszuschließen, angeschwindelt zu werden. Nicht, dass da jemand dabei ist, der sich für 68 ausgibt, in Wirklichkeit aber schon 86 Jahre alt ist.

Das Programm ist eine Mischung aus spitzzüngigem Kabarett und Sitcom, ist autobiografisch geprägt und bricht mit dem gesellschaftlich vorherrschenden Bild älterer Frauen, das eine Grenze zu Lust und Erotik suggeriert. Außerdem holt es ebendiese auch endlich auf die Kabarettbühne. Dort tauchten sie bisher so gut wie gar nicht auf. (Patricia Kornfeld, 13.3.2024)