Die Sprecherin für Außenpolitik, Menschenrechte, Migration und LGBTIQ-Rechte, Ewa Ernst-Dziedzic, bleibt bis zum Ende der Legislaturperiode Mandatarin.
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Wien – Die grüne Abgeordnete und Sprecherin für Außenpolitik, Menschenrechte, Migration und LGBTIQ-Rechte, Ewa Ernst-Dziedzic, wird bei der kommenden Nationalratswahl nicht mehr auf dem Wahlzettel stehen. Im Gespräch mit der APA kündigte sie ihren Rückzug aus der Parteipolitik an. Bereits am Freitag wird sie die LGBTIQ-Agenden des grünen Klubs übergeben.

Wer ihr in dieser Rolle und damit auch in der LGBTIQ-Intergroup, der ersten überparteilichen Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern der Grünen, der ÖVP, der SPÖ und der Neos nachfolgen wird, will die Partei am Freitag bekanntgeben. Auch ihre weiteren Sprecherinnenfunktionen im Grünen Klub will Ernst-Dziedzic in den kommenden Wochen, noch bevor der EU-Wahlkampf in die heiße Phase geht, zurücklegen. Mandatarin wird sie bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben.

"Dingen widmen, für die als Politikerin die Zeit fehlt"

"Ich möchte mich nach 16 Jahren in einer Funktion abseits der Parteipolitik weiterentwickeln und mich Dingen widmen, für die als Politikerin die Zeit fehlt", begründet sie ihren Ausstieg. Ruhen will sie in den kommenden Monaten aber nicht: Einen Antrag zu einem internationalen Abkommen zur Regulierung von Waffensystemen, der in ein internationales Abkommen münden soll, ein Gesetz, um in Österreich den Zivilen Friedensdienst zu etablieren und eine Demokratie-Enquete will Ernst-Dziedzic noch umsetzen.

"Ich habe, so pathetisch das klingt, immer versucht, demokratieverstärkende Initiativen zu setzen", betonte Ernst-Dziedzic. Man warne nicht umsonst immer wieder vor "Orbanistan" und der Beschneidung von Menschenrechten. "Ich glaube, dass die schwarz-grüne Koalition dem einen Riegel vorgeschoben hat. Aber so ehrlich muss man sein, dass es nicht gelungen ist, nach Rechts-außen nachhaltig abzudichten. Wenn man sieht, dass die FPÖ derzeit auf Platz eins liegt, ist es uns nicht gelungen, die Menschen davon zu überzeugen, dass mit Demokratiefeinden kein Staat zu machen ist." Auch in Zukunft wolle sie aufzeigen, "was dazu führt, das Österreichs Demokratie beschnitten wird".

Reisen in zahlreiche Krisengebiete

In ihren vier Bereichen würden die Grünen und den Koalitionspartner "Welten trennen". Insbesondere die Rechte der LGBTIQ-Community betreffend sei es schwierig gewesen, die "konservative ÖVP und die gesellschaftspolitisch progressiv denkenden Grünen" zusammenzubringen. Letztlich sei mit dem Ende des Blutspendeverbots für homo- und bisexuelle Männer, Entschädigungszahlungen für strafrechtlich verfolgte Homosexuelle, der Erfassung von Hate-Crimes und dem Gratiszugang zur HIV-Prophylaxe "PrEP" aber "viel mehr weitergegangen als in jeder Vorgängerregierung". Sie wolle aber auch "keinen Hehl" daraus machen, dass große Baustellen wie das Levelling-up, der Diskriminierungsschutz im Privatbereich und ein Verbot von Konversionstherapien nicht umgesetzt wurden.

In der Außenpolitik habe sie da schon "mehr Handlungsspielraum gehabt", weil die "Parteigrenzen in der Innenpolitik viel abgegrenzter sind, vielleicht sein müssen." Sie reiste als Abgeordnete in zahlreiche Krisengebiete, beispielsweise seit Beginn des Krieges sechsmal in die Ukraine. Selbsterklärtes Ziel ihrer Zeit in der Politik war es, Menschenrechtsverletzungen aufzuzeigen. Das wolle sie auch in Zukunft tun. Die Rolle eines grünen "Balkon-Muppets" wolle sie aber nicht übernehmen.

Seit 16 Jahren in der Politik

Begonnen hat Ernst-Dziedzics politische Karriere vor 16 Jahren als Fachreferentin. Bevor die Politologin im Oktober 2019 in den Nationalrat einzog, war sie unter anderem Bezirksrätin in Wien und dann von 2015 bis 2019 Bundesrätin. In dieser Funktion war sie gemeinsam mit David Stögmüller auch die einzige Vertreterin der Grünen im Parlament, nachdem diese 2017 aus dem Nationalrat flogen und erst 2019 wieder eingezogen sind. Parteiintern war sie unter anderem im erweiterten Bundesvorstand und bis 2020 Vorsitzende der Grünen Frauen Österreichs. Derzeit ist sie Vorsitzende der Grünen Andersrum, der Teilorganisation, die sich für die Gleichstellung der LGBTIQ-Community einsetzt.

Auf Parteilinie war sie dabei nicht immer. "Wenn ich eine andere Einschätzung hatte, habe ich die vorgebracht und intern diskutiert. Meistens sind wir dabei auch auf einen grünen Zweig gekommen." Nur wenn es gegen ihr Gewissen gegangen sei, habe sie sich bei Abstimmungen enthalten. Fünfmal war das der Fall, etwa bei der Impfpflicht oder bei Abschiebungen von Minderjährigen. "Ich glaube, dass eine starke Debattenkultur immer grüner Anspruch war. Ich bin dabei nie öffentlichkeitswirksam gegen die Partei ausgeritten." (APA, red, 14.3.2024)