Die FPÖ hat diese Woche das Who's who der rechtsextremen, identitären und Rechts-außen-Medien Österreichs nach Straßburg gebracht. Auf einer Liste an Reiseteilnehmern, die dem STANDARD vorliegt, finden sich unter anderem Mitarbeiter von "Report 24", dem identitären "Heimatkurier", "Freilich" oder der ebenfalls FPÖ-nahen Plattform "Der Status".

EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky (links) mit FPÖ-Chef Herbert Kickl.
APA/MAX SLOVENCIK

Sie sollten offenbar die Nationalratsabgeordnete und Europasprecherin der FPÖ, Petra Steger, bei einem Besuch des EU-Parlaments begleiten, wie eine interne Auflistung zeigt. Offenbar nicht nur, um über die Aktivitäten der blauen EU-Abgeordneten wie Harald Vilimsky zu berichten, sondern auch, um Stimmung gegen die Unterstützung der Ukraine zu erzeugen und um gegen Journalistinnen und Journalisten zu agitieren.

"Geisteskranke Linke"

So sollen Kamerateams öffentlich-rechtlicher Medien bei ihrer Arbeit gestört worden sein sowie Bildschirme von Arbeitsgeräten abgefilmt worden sein. In einer Liveschalte in ORF III ist beispielsweise zu beobachten, wie sich einer der Reiseteilnehmer hinter dem ORF-Korrespondenten aufbaut und ihn womöglich filmt oder fotografiert.

Außerdem beschimpfte der "Chefreporter" von "Report 24" den Korrespondenten der "Kleinen Zeitung" auf X (vormals Twitter) als "Systempresse-Schreiberling"; einem ORF-Korrespondenten attestierte er, in der "Clownwelt der geisteskranken Linken" zu leben. Mitglieder der Delegation der Grünen, die vor der FPÖ ein Pressebriefing abhielten, sollen beim Verlassen des Raumes von der Reisegruppe angepöbelt worden sein.

Im "Info-Direkt"-Interview mit Harald Vilimsky hieß es in einer Frage an den FPÖ-Politiker, etablierte Medien würden für den Krieg in der Ukraine eintreten, wären sinngemäß Kriegstreiber. Er habe in der "Hauptstadt des Irrsinns Straßburg" vielleicht den "einen oder anderen Skandal verursacht", sagt der "Info-Direkt"-Reporter sichtlich stolz auf Telegram.

Eine FPÖ-Mitarbeiterin, die für die Plattform "Der Status" arbeitet und online ihre Pressezutrittskarte für das EU-Parlament zeigte, schrieb auf X wiederum von der "EU-kraine". Sie hatte anlässlich des Todes des russischen Dissidenten Alexej Nawalny spekuliert, dieser wäre an den Folgen einer Corona-Impfung gestorben.

Langjährige Identitären-Kader dabei

Die Auswahl ihrer Reisepartner zeigt, wie offen die FPÖ unter Herbert Kickl ihre Verbindungen nach rechts außen lebt. Sie hat sich ein rechtsextremes Ökosystem an Plattformen aufgebaut, die teils von parlamentarischen Mitarbeitern betreut oder beliefert werden. Dazu kommt eine großflächige Unterstützung durch Inserate. Die FPÖ erhält im Gegenzug eine unkritische Hofberichterstattung, die sie in ihren Social-Media-Kanälen verbreitet.

Für den Rechtsextremismusexperten Bernhard Weidinger vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) bildet die Reisegruppe "das gesamte Spektrum an sogenannten 'Alternativmedien' ab, die in den letzten 15 Jahren im Vorfeld der FPÖ aufgebaut wurden, dazu der alteingesessene 'Eckart'". Einige dieser Medien klassifiziert das DÖW als rechtsextrem, "so etwa den 'Heimatkurier', der in Straßburg durch zwei langjährige Identitären-Kader vertreten war".

Der Kampf um Deutungshoheit

Aus der FPÖ heißt es, man wollte "Journalisten von Medien ohne Finanzierung durch staatliche Presseförderung und Regierungsinserate die Möglichkeit geben, sich ein Bild vom EU-Parlament zu machen". Die beschriebenen Vorfälle sowie eine Beschwerde darüber seien nicht bekannt. Allerdings sei offensichtlich, dass Journalisten "höchst irritiert darüber waren, dass ihre Deutungshoheit durch die Anwesenheit anderer Journalisten in Gefahr geriet". Die Kosten für die Reise seien teils aus dem "dafür vorgesehenen Medienbudget" der rechten Fraktion Identität & Demokratie übernommen worden.

Ein Sprecher des EU-Parlaments sagt dazu, dass man derzeit mehr Informationen über die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Reise sammle. Einige seien als Journalisten akkreditiert worden, andere auf Einladung einer Fraktion ins EU-Parlament gelangt. Derzeit seien dem Parlament keine Beschwerden oder Vorfälle bekannt.

"Patriotische Medien"

So eng war die Zusammenarbeit zwischen Rechtsaußen-Medien und FPÖ nicht immer. Als Teil der türkis-blauen Regierung bis 2019 sowie in der ersten Phase danach unter Parteiobmann Norbert Hofer waren die Netzwerke zu Identitären und anderen Rechtsextremen teils verdeckt erfolgt, teils intern umstritten gewesen.

So beschwerte sich der blaue Mediensprecher Christian Hafenecker im April 2019 in einer FPÖ-internen Chatgruppe, dass blaue Ministerien Rechts-außen-Medien "kommunizieren, dass es bis auf weiteres keine Inserate mehr gibt". Das sei "kontraproduktiv, weil wir sie damit auch stigmatisieren", schrieb Hafenecker; man solle es sich nicht "mit den wenigen patriotischen Medien verscherzen", denn die "haben auch lange genug für uns den Schädel hingehalten".

Darauf antwortete Strache, damals Parteichef und Vizekanzler: "Die freien Medien bitte weiterhin mit Inseraten betreuen, aber auch die Inhalte der FPÖ müssen sich rasch im Sinne der FPÖ wiederfinden." Ausnahme war damals das Identitären-nahe "Info-Direkt": einerseits, weil es damals Terrorismusermittlungen gegen Identitären-Kopf Martin Sellner gab; andererseits, weil die FPÖ offenbar fürchtete, die rechtsextreme Jugendorganisation würde eine eigene Partei gründen. Dieser Konflikt mit den Identitären ist schon lange Geschichte. Mehrere Teilnehmer der blauen Reisegruppe haben, wie Weidinger erwähnt, eine enge Verbindung zu der "rechten NGO", wie Kickl sie nannte – in Straßburg dabei waren unter anderem der frühere Wien-Chef der rechtsextremen Organisation sowie ein Funktionär der ersten Stunde. (Thomas Mayer, Fabian Schmid, 14.3.2024)