Heinz Dudek hat noch eine ganze Menge vor sich. Der 48-Jährige ist Koordinator "eines der komplexesten Projekte, die die ÖBB gerade zu bieten haben", wie er selbst sagt. Und damit nicht übertreibt. Hinter dem etwas sperrigen Namen "Viergleisiger Ausbau der Weststrecke zwischen Linz und Wels plus Ausbau des Terminals Wels" verbergen sich etliche Herausforderungen: eine Autobahn, die es mit neu zu errichtenden Brücken zu queren gilt; der zweitgrößte Frachtterminal des Landes wird zum Durchfahrbahnhof umgebaut und an die Weststrecke angebunden; und bei laufendem Betrieb soll von zwei auf vier Gleise erweitert werden.

Heinz Dudek auf der Baustelle
Heinz Dudek koordiniert mit dem viergleisigen Ausbau der Weststrecke zwischen Linz und Wels für die ÖBB mehr als 100 Mitarbeiter und beauftragt Dienstleister.
ÖBB / Kaufmann

Auch das finanzielle Volumen kann sich sehen lassen: "Pro Woche werden auf einer 22 Kilometer langen Strecke zwischen Wels und Linz zwei Millionen Euro verbaut. Bis zur geplanten Fertigstellung 2031 werden es knapp 1,3 Milliarden sein."

An dem Projekt wird seit 1998 gearbeitet, konkrete Planungen gab es ab 2007, als die Trassenführung entschieden wurde. Die Gemeinden Leonding, Pasching, Hörsching, Oftering, Kirchberg, Marchtrenk und Wels waren in die Entscheidungen einzubinden: "Dabei gab es natürlich viele politische Fragen – was ist der Nutzen, wo das Problem? Oft änderte sich die Meinung." Daran erkenne man auch eine der größten Herausforderungen solcher Projekte: dass sich die Genehmigungsverfahren über Jahre hinziehen würden.

Baubescheid und Einsprüche

Hat das Ministerium einmal den Baubescheid erteilt, müssen noch Einsprüche vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt werden. Erst danach können die Arbeiten rechtlich zweifach abgesichert begonnen werden. "Mit Gemeinden und Leitungsträgern wurden am Ende dreißig Verträge abgeschlossen", erklärt Dudek. Hinzu kamen noch rund 150 Grundeinlöseverträge.

Mit 98 Prozent der Eigentümer käme es letztlich zu gütlichen Vereinbarungen, lediglich bei zwei Prozent zu Enteignungsverhandlungen, und auch da werde noch am Tag der Verhandlung versucht, Einigung zu erzielen.

Im Kernteam der ÖBB arbeiten 20 Leute an diesem Projekt, im erweiterten Team mehr als 100. 250 Dienstleistungsaufträge wurden vergeben, "von der Planung über die Schneeräumung bis zur Umweltbaubegleitung". Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wurde bereits 2014 eingereicht, und sofort nach Erteilung des Bescheides wurden im querenden Krumbach Pflanzen und Weichtiere gezählt sowie Eidechsen vom Bahndamm in eigene Habitate umgesiedelt.

Eigene Büros kümmern sich um die Humusdeponien. Anderes weggeräumtes Erdreich wird fraktioniert und soll, wenn möglich, wieder eingebaut werde. Auch zwei Hektar Wald wurden bereits vor Baubeginn in einer angrenzenden Gemeinde aufgeforstet, als Kompensation für Rodungen. Insgesamt sind einige Hundert Auflagen zu erfüllen.

Ein Blick auf die Baustelle.
Auf der Großbaustelle muss alles Hand in Hand gehen, um weder die Arbeiter noch die Einhaltung des Zeitplans zu gefährden.
ÖBB / Robert Deopito

"Den Zugverkehr aufrecht zu halten und gleichzeitig zu bauen, das gleicht der Operation am offenen Herzen", erklärt Dudek. Alle drei Minuten fährt nun ein Zug mit bis zu 160 km/h an den Arbeitern vorbei. Zwei Gleise müssen durchgehend befahrbar bleiben, weil ein Drittel aller Züge in Österreich die Weststrecke befährt. Greift also nicht ab Baubeginn ein Rädchen ins andere, kann das zu monatelangen Verzögerungen führen: "Wenn ich im Mai Baubeginn habe, dann muss ich beachten, dass ich nur bis April Holz schlägern darf. Vergesse ich darauf, kann ich bis Oktober gar nichts tun."

Dabei müsse schon mindestens zwei Jahre vorher festgelegt werden, wann an welchen Tagen welche Gleise gesperrt und freigegeben werden. "Es fährt nämlich auch der Schweizer Railjet hier durch, und der muss seinen Fahrplan ebenfalls darauf abstimmen." Die Baubetriebsplanung der ÖBB, erklärt Dudek, kümmere sich um die Koordination aller Baustellen im Land: "Wenn die Semmering- oder Tauernstrecke gesperrt ist, hat das Auswirkungen auf unsere Bautermine, weil dann auf der Weststrecke mehr Ausweichverkehr ist."

Steine und Schienen

Die Arbeiten begannen an dutzenden verschiedenen Punkten, erst am Ende werden alle Baulose miteinander verbunden. Allein die Brücke über die Autobahn umfasste 21 Bauphasen. "Das muss selbstverständlich alles mit der Autobahngesellschaft koordiniert werden."

Über eine einzige kleine Einfahrt zur Trasse wurde über mehrere Kilometer hinweg das gesamte alte Material hinausgeschafft und das neue Material eingebracht: Hunderte Masten wurden mit Tiefladern geliefert, tausende Unterbaukabeltröge ausgelegt, die Kabel darin verlegt. Innerhalb von zwölf Monaten wurden die Trassen fertig gebaut, auf den Beton des Gleisbettes wurden dämmende Unterschottermatten verlegt.

Für die Lärmschutzberechnung wurde extra ein 3D-Geländemodell entwickelt, mit dem man die Verteilung des Schalls sogar zwischen den Häusern darstellen konnte. Knapp 20 Hektar Lärmschutzwände werden danach verbaut, auch zwischen den Trassen.

"Beim Frachtterminal Wels werden die vier Stutzgleise zu Durchfahrgleisen verlängert", die Kräne zehn Meter höher sein, die Kapazität um bis zu 50 Prozent erhöht werden. Ob das groß spürbar sein wird? "Du musst schrittweise etwas tun, um den Verkehr von der Straße abzuschöpfen. Wenn du gar nichts tust, schaffst du keinen Investitionsvorsprung."

Plan vom viergleisigen Ausbau rund um Linz
Plan vom viergleisigen Ausbau der Westbahn rund um Linz.
derStandard

Das Projekt mit seinen Einzelinseln zusammenzuhalten ist besonders kompliziert: Wann sind die Erdarbeiten fertig, wann beginnt die Schüttung, wann kommen die Schwellen, wann beginnt die Gleislegung? "Ohne eine darüber gespannte Klammer gibt es vielleicht gute Einzellösungen, aber am Ende passt das Puzzle nicht zusammen."

Im Hintergrund arbeiten daher fünf Bauaufsichten, die beispielsweise festlegen, wo in einem halben Jahr zu jeder Minute das richtige Material mit dem richtigen Personal sein muss. Gerade hat Dudek die benötigten Maschinen für 2026 angefordert, auf Tag und Uhrzeit genau.

Große Verantwortung lastet auf dem Sicherheitspersonal. "Diese Leute müssen die Kommunikation zwischen Baufirmen auf der Trasse und dem Fahrdienstleiter aufrecht halten, da gibt es ganz wenige, die das können." Der gesamte Baustellenverkehr wird mit speziellen Formulierungen geregelt und protokolliert: Es muss "Gleis frei" heißen und nicht "Na ja, schickst mir halt einen Zug vorbei."

"Kommen die Schienen, haben wir praktisch gewonnen", lacht Dudek. Dann muss nur noch der SUZ, der Schienenumbauzug mit dem Raupenfahrwerk, rechtzeitig auftauchen, um die Schwellen zu verlegen. Die bis zu 160 Meter langen Schienen sind dann bereits parallel seitlich aufgelegt, sodass die Maschine sie auf die Schwellen legen und verschrauben kann – mit einer Geschwindigkeit von drei km/h.

Sieben wertvolle Minuten

Zwei Stunden und 15 Minuten soll man von Wien bis Salzburg brauchen, sobald alles fertig ist, das sind sieben Minuten weniger als heute. Klingt nicht nach viel? "Stimmt", sagt Dudek. "Es wird aber vor allem eine riesige Kapazitätssteigerung bringen. Die schnellen Züge mit 230 km/h werden durch die langsamen mit 160 km/h nicht mehr aufgehalten. Außerdem werden die Regionalzüge viel enger getaktet werden und auf dem Gleis mit den Güterzügen fahren können."

Zur Eröffnung wird die Anspannung des Projektteams fallen, und glückliche Politiker werden Bänder durchschneiden. Der Fahrer des SUZ wird davon nichts mehr mitbekommen, denn der wird für diesen Tag schon wieder an einer anderen Strecke gebucht sein. (Manfred Rebhandl, 3.4.2024)