Drei karrieredefinierende Performances, drei (zukünftige) Kultfilme. Alle von A24: Michelle Yeoh kämpfend in
Drei karrieredefinierende Performances, drei (zukünftige) Kultfilme. Alle von A24: Michelle Yeoh kämpfend in "Everything Everywhere All at Once", Florence Pugh rächend in "Midsommar" und Nicolas Cage – bald im Kino – in "Dream Scenario".
LEONINE/IMAGO/Panda

Hip, hipper, A24. Noch nie war der Hype um ein Filmstudio so groß wie um dieses. Serien, Filme, ein beständiger Preisregen sowie ein Podcast und ein gut besuchter Merchandise-Shop: Das Studio hat dem amerikanischen Independentkino zu neuem Glanz verholfen und dabei ganz nebenbei eine eigene Marke, ein eigenes, oft euphorisches Publikum aus dem Boden gestampft.

A24 begann ganz bescheiden als Filmverleih. Gegründet von drei Typen, die Filme unter ihre Fittiche nahmen, die sie selbst gerne sahen. Ihre Namen waren Daniel Katz, David Fenkel und John Hodges, und nein, es waren nicht die Beastie Boys, aber sie haben es geschafft, ihrem New Yorker Start-up eine ähnliche nerdige Cool-Kids-Energie einzuimpfen, auch wenn sie alle schon davor erfolgreich im Geschäft unterwegs waren.

Neue Werbestrategie: Social Media

Vor allem aber hatten sie ein neues Werbekonzept: Statt auf teure Anzeigen setzte man ganz auf die Kraft der sozialen Medien, virale Momente zu generieren. Die Strategie hat sich ausgezahlt, und ihr Erfolg überstrahlt schon jetzt den von Miramax, dem Studio, dass das amerikanische Indie-Kino der frühen 1990er-Jahre pushte und später aufgrund eines Ausverkaufs an Disney und eines seiner übergriffigen CEOs (Harvey Weinstein) jegliche Coolness verlor.

Nun sind die Jungs von A24 die neuen Platzhirsche des immer etwas anderen und doch massentauglichen amerikanischen Indie-Films – und man wünscht ihnen ein anderes Ende als Miramax.

Borderline-Psychogramme ...

Schon der erste Film im A24-Verleih schlug ein wie eine Bombe. Spring Breakers versammelt vieles davon, wofür das Studio bekannt wurde und geliebt wird: einen Undergroundregisseur mit einzigartiger künstlerischer Vision (Harmony Korine), einen schrägen Hauptdarsteller (James Franco) und eine Reihe von ehemaligen Disney-Popsternchen (darunter Selena Gomez) in knalligen Bikinis. Gefilmt ist das mit dunklen Untertönen und neonfarbenen Lichtreflexen. Schicker Trash, spannende Soundtracks, Borderline-Psychogramme von drogenvernebelten Teenies. Das kennt man auch aus Euphoria, der ersten TV-Produktion von A24, gemeinsam mit HBO. Ebenfalls ein Riesenhit und ästhetisch sowie erzählerisch bahnbrechend.

TV Promos

Aber das ist nur eine Seite von A24. Dann gibt es noch die Marke "Elevated Horror", für die die Filme von Robert Eggers (The Witch) oder Ari Aster stehen. Ein Phänomen ist außerdem, dass A24-Filme massenhaft Preise einsacken, ohne Kompromisse einzugehen. Das sieht man an Room, Moonlight, The Zone of Interest oder dem bislang größten Erfolg des Studios: Everything Everywhere All at Once.

... Hot-Dog-Finger ...

In den Multiversen des siebenfachen Oscar-Gewinners spiegeln sich alle Facetten, die A24 zu bieten hat: das Familiendrama, die Migrationsgeschichte, Queerness, psychische Probleme, Quirligkeit, Genreüberschreitungen, und Meme-fähiger Content. Den hat Jamie Lee Curtis in ihrer Rolle als Bürohengstin mit Hot-Dog-Fingern geliefert – ein Kostümdesign-Moment, der es auch in den A24-Merchandise-Shop geschafft hat.

... und dann diese Gesichter

Und dann sind da die A24-Gesichter: Oft blicken sie fast in die Kamera, wie das von Florence Pughs Figur Dani in Ari Asters Folkhorror Midsommar. Ihre schmerzverzerrte Mimik erzählt von einer Befreiung: vom Trauma, Depression, vom trotteligen Freund. So kann man Danis Eintritt in den schwedischen Naturkult jedenfalls deuten.

Durch Midsommar wurde Pugh zur Supernova. Durch Euphoria schüttelte Zendaya das Disney-Girl ab, und Sidney Sweeney wurde zum sexy Starlet einer neuen Generation. Bei A24 liebt man aber auch bereits bekannte Gesichter. Das von Michelle Yeoh etwa, die für ihre Rolle als Nudelshop-Superheldin in Everything Everywhere All at Once einen Oscar bekam, ebenso wie ihr Kollege Ke Huy Quan – ein ehemaliger Kinderstar, der lange Zeit arbeitslos durch Hollywood tingelte.

Keine "Big Bosse"

Auf den nächsten Wurf von A24 muss man nie lange warten. Gerade hat das Wrestlingdrama The Iron Claw mit einem muskelbepackten Zac Efron einen limitierten Kinostart. Und schon kommende Woche darf man Nicolas Cage als Träume anderer heimsuchenden Professor in Kristoffer Borglis kauzigem Psychogramm Dream Scenario bewundern.

Dream Scenario | Official Trailer HD | A24
November
A24

Der nie abreißende Filmfluss wurde auch möglich, weil A24 nicht von den Streiks des letzten Jahres betroffen war. Die New Yorker gehören nämlich nicht zu den Hollywood-Bossen, der Alliance of Motion Picture and Television Producers. Sie herrschen über ihr eigenes Reich. (Valerie Dirk, 16.3.2024)