Innenminister Gerhard Karner macht sich in Favoriten ein Bild von der Arbeit der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität. Das polizeiliche Bemühen, gegen die Kriminalität im Bezirk vorzugehen, wird auch medial inszeniert.
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Wir haben ein Problem. Nicht erst seit heute oder gestern, aber im Augenblick wird dieses Problem durch eine Häufung von Gewalttaten und deren Umstände besonders deutlich. Es geht um Kriminalität und die überdurchschnittliche Beteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund an bestimmten Deliktgruppen. Das sorgt in der Bevölkerung für Beunruhigung. In der Politik setzt das altbekannte Reflexe frei, bis hin zum offen zur Schau getragenen Rassismus: Es sind weder alle Ausländer kriminell noch ist mit der Diskussion über eine "Remigration" irgendwem gedient, außer dass Vorurteile geweckt und Erwartungen geschürt werden, die nicht einlösbar sind.

Aber es muss möglich sein, über das Problem krimineller Jugendlicher, die beispielsweise aus Afghanistan oder Syrien zu uns gekommen sind, zu reden, ohne sich dem Vorwurf des Rassismus auszusetzen. Es muss möglich sein, Lösungsstrategien zu diskutieren, ohne Feindbilder zu bedienen oder zu verstärken.

Gewisse Nationalitäten – und "Fremde" ganz allgemein – sind laut polizeilicher Kriminalstatistik in manchen Deliktgruppen überrepräsentiert. Das betrifft vor allem auch jugendliche Tatverdächtige. Es ist in der Diskussion hilfreich, sich das bewusstzumachen.

Biologische Österreicher

Das hat vielerlei Ursachen, es gibt weder einfache Erklärungen noch einfache Lösungen, sonst hätten wir sie längst umgesetzt. Ein nicht kleiner Teil des Problems liegt bei den Tätern selbst. Sie kommen aus Regionen, in denen ein anderes Frauenbild vorherrscht, als wir uns das wünschen. Und um dem auch vorzugreifen: Nein, nicht alle biologischen Österreicher sind glühende Verfechter der Gleichberechtigung, auch dem Ureinwohner ist Gewalt gegen Frauen nicht fremd. Da gibt es leider ausreichend Beispiele, wenn man sich etwa die Femizide der jüngeren Zeit anschaut.

Aber die Einstellung zu Frauen hat auch mit der Familie, aus der einer kommt, und der Erziehung, die einem die Eltern angedeihen lassen, zu tun. Es gibt Nachholbedarf. Da muss man die jungen Männer aus muslimisch geprägten Ländern in die Pflicht nehmen, da muss man, sofern überhaupt in Österreich vor Ort, auch deren Familien in die Pflicht nehmen. Da muss die Politik und auch die Gesellschaft alles unternehmen, um diesen Menschen unsere Werte so nahezubringen, dass sie auch verstanden und akzeptiert werden können. Da sind die Wertekurse ein kleinerer Teil davon, da liegt viel Verantwortung bei den Schulen, die in dieser Hinsicht gestärkt werden müssten.

Polizeiliche Maßnahmen und Repression sind dort sinnvoll, wo Kriminalität verhindert oder aufgeklärt werden soll. Über Waffenverbote kann man reden, das mag der Polizei helfen, wird das Übel aber nicht beseitigen. Täter müssen auch die Konsequenz ihrer Handlungen spüren, daher kann man auch über eine Herabsetzung des Alters für die Strafmündigkeit diskutieren – allerdings mit Bedacht: Gefängnis hat noch niemandem geholfen, ein besserer Mensch zu werden.

Pure Ablehnung

Vor allem die jungen Menschen, die es durch Fluchtbewegungen aus ihren Heimatländern zu uns verschlagen hat, brauchen Perspektiven. Dazu gehört nicht nur die Aussicht, sich eine Existenz aufbauen zu können, sondern auch eine gesellschaftliche Anerkennung. Die pure Ablehnung, die manchen entgegenschlägt, ist frustrierend. Ja, da gehören beide Seiten dazu. Herumpöbeln, Sexualdelikte und Gewalttaten verunmöglichen praktisch eine gesellschaftliche Akzeptanz. Das muss diesen jungen Menschen bewusst sein. Aber die Mehrzahl ist einfach nur bemüht, ein erfülltes Leben zu führen, und da brauchen sie auch eine Hand, die ihnen gereicht wird.

Mit Repression allein lässt sich das Problem ebenso wenig lösen wie mit falscher Toleranz. Die Politik ist daran zu messen, ob sie nur Scheindebatten führt und Vorurteile schürt oder ob sie umsetzbare Lösungen zur Diskussion stellt. Es gibt ein Problem. Beschäftigen wir uns damit. (Michael Völker, 20.3.2024)