Die Baustelle fürs Kaufhaus Lamarr auf der Wiener Mariahilfer Straße
Der Abbau der Signa hat begonnen. Der Kran von der Lamarr-Baustelle wurde jedenfalls schon abmontiert.
APA/Helmut Fohringer

Erleichterung war ihm anzuhören; daraus, dass die Angelegenheit kein Spaziergang wird, machte er aber auch kein Hehl. Erhard Grossnigg, seit Ende 2023 als Sanierungsexperte im Vorstand der insolventen Signa Prime und Signa Development, erklärte nach der Annahme des Sanierungsplans am Montag im ORF, er sei mit der Entscheidung "grundsätzlich zufrieden". Den Gläubigerinnen und Gläubigern wird ja eine Quote von 30 Prozent, zahlbar binnen zwei Jahren, in Aussicht gestellt, "das wäre der Plan", meinte der 77-Jährige. Um diesen Plan umzusetzen, braucht es zunächst allerdings Geld – aus Krediten oder Verkaufserlösen. Dazu räumte Grossnigg freilich ein, dass besonders die Lage am Markt für Gewerbeimmobilien in Deutschland (wo die Signa stark vertreten ist) "nicht günstig" sei, man werde es aber "schaffen". Grossnigg wird seine Funktion übrigens im April abgeben.

Die Abstimmung am Montagnachmittag fiel eindeutig aus – trotzdem der Präsident der Finanzprokuratur, Wolfgang Peschorn, zuvor erklärt hatte, die Republik werde gegen die im Sanierungsplan vorgesehene Treuhandlösung stimmen, was den Konkurs zur Folge gehabt hätte. Bei der Prime stimmten dann aber 239 Gläubiger, die zusammen Forderungen von fast 7,7 Milliarden Euro angemeldet haben, für die Treuhandlösung, nur 51 (rund 1,2 Milliarden Euro) waren dagegen – darunter wohl auch die Republik, die 950.000 Euro bei der Prime angemeldet hatte. Bei der Development gab es 163 Pro-Stimmen (1,2 Milliarden Euro Forderungen) und 13 Gegenstimmen (17,6 Millionen Euro), die Republik hat 150.000 Euro angemeldet. Ein Insolvenzrechtler erklärt das Abstimmungsergebnis unter anderem mit Compliance-Überlegungen: Die Entscheidungsträger müssen ihr Votum ja rechtfertigen, und als Basis lägen ihnen nur die Sanierungspläne und Berichte der Sanierungsverwalter vor, in denen die Treuhandschaft empfohlen wird.

Satte Mehrheiten bei Abstimmung

Satte Mehrheiten für die Treuhandlösung also, die Gläubigerschützer wie Gerhard Weinhofer von der Creditreform begrüßten. Er spricht von einer "sehr guten Lösung", die er sich vor wenigen Wochen noch nicht habe vorstellen können. Insolvenzleiter Karl-Heinz Götze vom KSV 1870 betont, dass der erste wichtige Schritt nun sein müsse, rasch eine Finanzierung für die Prime auf die Beine zu stellen. Denn der Sanierungsplan könne nur dann aufgehen, wenn auch die Gesellschaften, die unter der Prime hängen, rasch stabilisiert werden.

Keine Frage: Als Erstes brauchen die Treuhänder – bei der Prime wird das der bisherige Sanierungsverwalter Norbert Abel sein, bei der Development Sanierungsverwalterin Andrea Fruhstorfer – nun Liquidität; ab Mitte April könnte es eng werden. Denn auch die Abwicklung der Gesellschaften, die Verkaufsprozesse kosten Geld, zudem gilt es vor allem, die vielen deutschen Gesellschaften aus ihren vorläufigen Insolvenzverfahren herauszuholen. Dafür gibt es gemäß deutschem Insolvenzrecht drei Monate Zeit, selbige drängt also. Geld kann nun entweder über Immobilienverkäufe ins Haus kommen oder über Darlehen. Und da dürfte es gar nicht so schlecht aussehen. Zum einen soll es ja Gespräche mit dem deutschen Logistikunternehmen Kühne Holding rund um Signa-Investor Klaus-Michael Kühne geben, angeblich würde er mit Banken mehr als 100 Millionen Euro als Massekredit einschießen.

Kredit von britisch-amerikanischem Investor?

Zum anderen ist gemäß Recherchen des STANDARD ein britisch-amerikanischer Private-Debt-Investor bereit, für vier Jahre (plus ein Jahr optional) ein Darlehen von rund 100 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Er will dem Vernehmen nach 15 bis 20 Prozent Zinsen sehen und an einem etwaigen Mehrerlös aus der Verwertung beteiligt werden. Der große Vorteil am Angebot der Spezialisten für Krisenfinanzierungen, die mehr als 50 Milliarden Dollar unter Verwaltung haben: Ihr Geld würde rasch fließen. Die Entscheidung über diese Geldspritze soll in den nächsten 14 Tagen fallen, die Gespräche seien weit gediehen, ist in Finanzkreisen zu hören.

Wobei seit Montagfrüh auch eine Angebotsmail aus der Dominikanischen Republik die Runde macht, deren Absender ein gebürtiger Österreicher ist. Andreas Vorsteher hat am Tag vor der Abstimmung an die Sanierungsverwalter von Prime und Development geschrieben, dass die Quisquaya Group, deren Gründer und Chef er sei, anbiete, Prime und Development und ihre Untergesellschaften im Rahmen eines Bail-outs zu übernehmen. In Summe würde man bis zu 2,5 Milliarden Euro auf den Tisch legen, die von einem Investor aus den Vereinigten Arabischen Emiraten kommen, sagt Vorsteher auf Nachfrage; Namen nennt er nicht.

Angebot aus der Dominikanischen Republik

Sein Ziel als Experte für Stadt- und Standortmarketing sei es, die Unternehmen fortzuführen sowie weiterzubauen, dafür gebe es 1,5 Milliarden Euro von US-Investoren. Warum er sich erst in der Nacht vor der Abstimmung gemeldet hat? Er habe bereits am 7. Februar Anfragen gestellt, sei aber vom Management ignoriert worden. Von Prime und Development sowie ihrer Sanierungsverwalterin ist dazu nichts in Erfahrung zu bringen, beim Prime-Sanierungsverwalter heißt es, man prüfe alle einlangenden Unterlagen intensiv. Sehr ernst genommen werden dürfte Vorstehers von einer Gmail-Adresse geschicktes Anbot freilich nicht.

Der Abbau der Signa-Gruppe hat jedenfalls schon begonnen: Der Riesenkran, der seit Monaten auf der Lamarr-Baustelle in der Wiener Mariahilfer Straße ruhte, wurde am Dienstag abgebaut. (Renate Graber, 19.3.2024)