Im Bild ein mehrgeschossiges Wohnhaus, das in Fertigstellung begriffen ist.
Es könnten mehr Mehrparteienhäuser fertig sein, wenn die Wohnbauförderbeiträge der Arbeitnehmer und Arbeitgeber verwendet würden, wofür sie die Bundesländer bekommen.
APA/HARALD SCHNEIDER

Wien – Hätten die Bundesländer die Wohnbauförderungsbeiträge in den vergangenen Jahren tatsächlich für Errichtung und Sanierung von Häusern und Wohnungen ausgegeben – das vorige Woche verabschiedete milliardenschwere Bau- und Wohn-Konjunkturpaket wäre möglicherweise gar nicht notwendig gewesen, zumindest nicht in diesem Umfang. Denn rund die Hälfte der Bundesländer hat ihr Engagement in den vergangenen Jahren zum Teil spürbar zurückgeschraubt.

Der vom Institut für Immobilen, Bau und Wohnen (IIBW) und dem Fachverband der Stein- und Keramischen Industrie jährlich herausgegebene Bericht über die Wohnbauförderung in Österreich gleicht einer Hitliste der Bundesländer, die ihre Ausgaben gekürzt haben. Teils kommen die Länder mit dem über die Runden, was an Rückflüssen aus den in der Vergangenheit gewährten Wohnbaudarlehen zurückkommt. Sie brauchen von den in gleichem Ausmaß von Arbeitgebern und Arbeitnehmern abgeführten Wohnbauförderungsbeiträgen (je ein halbes Prozent der Lohnsumme) nur einen Bruchteil. Der Rest der aus diesem Titel lukrierten Ertragsanteile fließt in die allgemeinen Länderbudgets.

Wohnbauförderung 2022 - Tabelle mit den Ein- und Ausgaben der Bundesländer für Wohnbauförderung

Das Land Wien sticht in absoluten Zahlen besonders hervor. Denn in der Bundeshauptstadt wurden die Mittel für Wohnbauförderung gemäß den jüngsten verfügbaren Zahlen aus dem Jahr 2022 um 144 Millionen Euro reduziert. Zusammen mit den Darlehensrückflüssen beliefen sich die Gesamtausgaben für Wohnbauförderung der auf ihren sozialen Wohnbau so stolzen Bundeshauptstadt auf 296 Millionen Euro – das ist um ein Fünftel weniger als im Jahr 2021.

In absoluten Zahlen niedriger, aber gemessen an der Einwohnerzahl beträchtlich nimmt sich auch die Kürzung der Wohnbauförderungsmittel aus dem Landesbudget im Burgenland aus: Sie wurden um 60 Millionen Euro gekürzt. Dank der Darlehensrückflüsse in Höhe von 108 Millionen Euro fällt dies nicht so stark ins Gewicht, die Gesamtausgaben schmolzen dadurch um 17 Prozent auf 48 Millionen Euro zusammen. Zu den Ländern, die weniger für Wohnbauförderung ausgaben, gehört auch die Steiermark. Die Landesregierung kürzte die Ausgaben um 48 Millionen Euro oder zehn Prozent auf 209 Millionen Euro (siehe Tabelle).

Österreichweit beliefen sich die Ausgaben der Wohnbauförderung im Jahr 2022 insgesamt auf 1,89 Milliarden Euro, davon 1,42 Milliarden Euro speisten sich aus früheren Darlehensförderungen und Forderungsverkäufen. Letzteres war in den 2000er-Jahren en vogue, damals versilberten insbesondere Ober- und Niederösterreich ihre Forderungen in großem Stil. Danach freilich musste wieder ein neuer Stock an Darlehensforderungen aufgebaut werden, sonst wäre es mit Rückflüssen früher oder später vorbei gewesen – und es musste für Wohnbauförderungen wieder das Landesbudget angezapft werden. Im Vorjahr verkaufte Niederösterreich übrigens erneut Förderdarlehen mit einer Nominale von knapp 410 Millionen Euro, das Burgenland veräußerte im Beobachtungszeitraum 2021 und 2022 in zwei Tranchen rund 90 Millionen Euro.

Eine dramatische Entwicklung weist auch die Förderleistung auf: Die Förderzusagen für Neubau gingen seit dem Jahr 2016 deutlich zurück, von den rund 30.000 Zusicherungen blieben zuletzt nur noch 18.500 übrig. Inkludiert ist in dieser Zahl allerdings auch die Sanierungsförderung. Das Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen hat bei diversen Förderstellen der Länder auch die Sanierungsförderung erhoben, und siehe da: Deren Stellenwert steigt, sie machte in den vergangenen Jahren bereits 15 Prozent aller Förderzusicherungen aus. In der Steiermark dominierte sie sogar, heißt es im IIBW-Bericht.

Wohnbauförderung 2022 - Tabelle mit den Förderzusagen in den Bundesländern.

Nach Bundesländern aufgeschlüsselt zeigt sich bei den Förderzusagen ein ähnliches Bild wie bei der Förderungsgebarung: In Wien gingen die Zusicherungen für Eigenheime und Geschoßwohnbauten um 18 Prozent auf 2.020 Einheiten zurück, im Burgenland um ein Viertel und in Kärnten gar um 31 Prozent (siehe Tabelle). Auf der Bremse standen auch Vorarlberg (minus 26 Prozent) und Salzburg (minus 18 Prozent).

Im langjährigen Durchschnitt zeigt sich die Dramatik so richtig: Österreichweit gingen die Förderungszusicherungen im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre um 30 Prozent zurück. Das verdeckt freilich regionale Ausreißer: Mit 2.020 zugesicherten Förderungen lag Wien zuletzt um 67 Prozent hinter dem eigenen Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Das Burgenland halbierte die Förderzusagen im Vergleich zum Zehnjahresschnitt, und Salzburg lag um 33 Prozent zurück. Die niedrigsten Förderausgaben der Länder seit 30 Jahren attestieren die Experten des IIBW. Die Rechnung hat die Landespolitik in Salzburg bei den Wahlen soeben präsentiert bekommen.

Am Geld mangelte es nicht. Denn der unter dem Titel Lohnnebenkosten versteckte Wohnbauförderungsbeitrag 2022 brachte insgesamt ein Aufkommen von 1,3 Milliarden Euro auf die Waage. Beide Quellen zusammen, also Wohnbaubeiträge und Darlehensrückflüsse, ergaben gegenüber den Förderungsausgaben eine Überdeckung von 820 Millionen Euro, rechnet das IIBW in seinem Bericht 2022 vor. Dieser Wert dürfte insofern verzerrt sein, als darin auch außertourlich hohe Rückflüsse enthalten sind (etwa durch Forderungsverkäufe in Tranchen).

"Wohnraum statt Trachtenjanker"

Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker wiederholt seine Kritik an der Aufstockung der Wohnbaufördergelder und dem Zinszuschuss durch die Bundesregierung: Es werden jedes Jahr 1,3 Milliarden von Löhnen und Gehältern einbehalten. Aber nur etwas mehr als 400 Millionen davon fürs Wohnen verwendet. "Die Länder haben genug Geld. Sie müssen nur die Wohnbauförderungsbeiträge dafür ausgeben, wofür sie gedacht sind: für Wohnraum statt für Trachtenjanker und neue Feuerwehrleitern."

Er spielt damit auf die Lockerung im Jahr 2017 an: Im Zuge des Finanzausgleichs wurde der Wohnbauförderungsbeitrag in eine reine Länderabgabe umgewandelt. Eine Zweckbindung kam für diese Ertragsanteile natürlich nicht zurück, sie war bereits in den 2000er-Jahren abgeschafft worden. Von der Möglichkeit, den Tarif für den Wohnbauförderbeitrag autonom festzulegen, etwa mangels Bedarfs zu senken, machte erwartungsgemäß kein Land Gebrauch. (Luise Ungerboeck, 26.3.2024)