Die Gefühle von Craig McAllister (Mark Elstob) und Susan White (Amanda Osborne) fahren in
Die Gefühle von Craig McAllister (Mark Elstob) und Susan White (Amanda Osborne) fahren in "America's Sexiest Couple" Achterbahn.
VET/Reinhard Reidinger

Sie waren einst das begehrteste Pärchen in ganz Amerika. Um ihr Aussehen, ihr Sexleben, ihre Liebe hat sie das ganze Land beneidet. Susan White (Amanda Osborne) und Craig McAllister (Mark Elstob) spielten in der 90ies-Sitcom Residents fünf Jahre lang die hochrangigen Ärzte Jill und Jeff und wurden zu Amerikas "Sexiest Couple" gekürt.

Das war das Leinwandleben. Die Realität verlief jedoch wesentlich karger. Nach Abschluss der Show verloren sich die zwei Serienstars aus den Augen, große Anschlussrollen blieben weitestgehend aus, und ihre Ehen schlugen steinigere Wege ein als gewünscht. Während Craig sein Geld nun hauptsächlich mit Cola-Werbung verdient, erhält Susan kaum noch aufregende Angebote, schon gar nicht als Hauptdarstellerin. Sie darf bestenfalls Richterinnen und Nonnen verkörpern – oder Mütter, die "undankbarste Rolle von allen".

Wiedervereinigung dank Beerdigung

Im Theaterstück America's Sexiest Couple sieht sich das einst so heiße Serienpaar anlässlich der Beerdigung eines Cast-Mitglieds im amerikanischen Syracuse wieder. Regisseur Philip Dart setzt die beiden auf der Bühne des Vienna's English Theatre in ein erstaunlich realistisch wirkendes Hotelzimmer (Bühne: Vernon Marshal) und lässt sie rund 25 Jahre nach ihrem letzten Treffen in der Vergangenheit schwelgen, schmerzhafte Enttäuschungen teilen und in einen Streit geraten.

Denn Craig hätte wesentlich mehr aus seiner Karriere machen können, findet Susan. Die wiederum sei aus seiner Sicht schon immer eine nervige Quasselstrippe gewesen. Und überhaupt hatte sie die Sitcom einfach frühzeitig verlassen und ließ nichts mehr von sich hören, kritisiert er. Wie ein altes Ehepaar keifen sie einander an, können eine gewisse Anziehungskraft füreinander aber nicht leugnen und landen wenig später endlich auch im wahren Leben unter der Bettdecke.

Das harmlose Geplänkel aus der Feder des Autors Ken Levine ist nett mitanzusehen, könnte aber ein wenig mehr Spannung vertragen. Eine wesentlich düsterere und emotionalere Richtung schlägt das Stück nach der Pause ein. Dann offenbart Susan den wahren Grund, warum sie den Kontakt scheute, vor allem zum mittlerweile verstorbenen Schauspielkollegen.

Heiter nur zum Schein

America's Sexiest Couple wirkt zunächst wie eine anspruchslose Komödie. Dazu trägt der eine Generation jüngere Hotelpage (Ahmed Al-Taai) bei, der die beiden unwissentlich gegeneinander ausspielt, indem er unbedingt Selfies mit Craig machen möchte, aber Schauspielerin Susan gar nicht kennt.

Im dicht gewebten Teppich aus heiteren Jokes versteckt sich allerdings einiges an Kritik an der oberflächlichen Schauspielbranche oder sexuell übergriffigen Männern. Das macht auch die Tiefe des Stücks aus: Die List lauert unbemerkt hinter allen möglichen Ecken und überfällt einen nichtsahnend im Moment des Gelächters, das dann jäh zum Stillstand kommt. (Patricia Kornfeld, 27.3.2024)