Ruth Brauer-Kvam als Mastermind hinter der neuen Operettenproduktion
Ruth Brauer-Kvam als Mastermind hinter der neuen Operettenproduktion "Ein bisschen trallalala".
Barbara Pálffy, Volksoper Wien

"Ich war 23 Jahre mit ihm zusammen und kann Ihnen versichern, dass ich keinen Moment Langeweile hatte", schwärmte Fritzi Massary noch in hohem Alter von ihrer "größten Leidenschaft" Max Pallenberg. Die Operettendiva und der Starkomödiant genossen im Berlin der 1920er-Jahre einen ähnlichen Traumpaarstatus wie rund 100 Jahre später "Brangelina" im globalen Society-Zirkus. Nur leider: In diesem Fall endete die Beziehung nicht mit einer medienwirksamen Trennung. Massary und Pallenberg, beide in Wien geboren, verband nebst ihrer Bühnenstrahlkraft auch eine jüdische Herkunft.

Öffentliche Anfeindungen trieben sie 1933 zur Flucht in ihre gemeinsame Geburtsstadt. Nur ein Jahr später starb Pallenberg bei einem Flugzeugabsturz, Massary floh zu ihrer Tochter in die USA und lebte ein stilles Exilleben. Die Leuchtkraft der Theatermajestät bewahrte sie sich jedoch: 1965, vier Jahre vor ihrem Tod, hat sie noch einen TV-Journalisten empfangen. Ihre Antworten, hoheitsvoll und warmherzig zugleich, lassen die einstige Bühnenpräsenz ahnen.

Ausschnitte aus diesem Interview zieren nun auch Ein bisschen trallalala – eine Hommage der Wiener Volksoper an die beiden Bühnenlieblinge. In seiner Kürze ist der Abend ein dramaturgisches Raumwunder: Nur 75 Minuten dauert es, bis ein feucht-fröhlicher Flirt in einen launigen Beziehungsalltag mündet und dieser in die erwähnte Katastrophe kippt; begleitend dazu werden allerlei Musiknummern aus dem Repertoire der Ehepartner gereicht, zusammengestellt mit einem Faible für Operettenfrivolitäten – Stichwort: "Joseph, ach, Joseph, was bist du so keusch?". Kurz gesagt: Alles da. Aber alles auch etwas kursorisch: Mit biografischen Details hält sich die rasante Zeitraffer-Revue (Regie: Martina Gredler) eher nicht auf.

Düstere Pointen, keine Wuchteln

Dafür fegen hier zwei Temperamentbündel über die Vorderbühne. Zum einen Ruth Brauer-Kvam, die gemeinsam mit der Regie auch Buch und Konzept verantwortet hat: Stimmlich ein wenig blass, lässt sie Massarys Charakter dafür umso mehr mit bunten Kostümen um die Wette schillern. Mal schwebt diese Diva mit nasaler Grandezza über den Dingen, mal flattert sie als kokettes Huhn durch die Szene und ist entsprechend federnreich gewandet.

Dazu passend entert Pallenberg die Bühne im Gockelkostüm: Robert Palfrader verleiht dem Kaiser der Zwischenkriegskomödien feiste Fröhlichkeit und soliden (Sprech-)Gesang, lässt düstere Pointen aber nicht zu Wuchteln verkommen. Warum Pallenberg den Völkischen Beobachter liest? Weil ihn die Nazi-Postille "beruhigt". Die behauptet nämlich, den Juden würden die USA und die Sowjetunion gehören – während jüdische Blätter längst Schreckliches berichten ...

Dirigent Adam Benzwi trägt vom Klavier aus tatkräftig dazu bei, dass an diesem Abend die heitere Seite die Oberhand behält, und lässt das Orchester auf der Bühne ein gerüttelt Maß an Operettenfröhlichkeit verbreiten: freundlicher Beifall für eine honorige Hommage. (Christoph Irrgeher, 28.3.2024)