St. Pölten – Für die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) war es das erste Mal seit ihrer Niederlage bei der Landtagswahl vor knapp eineinhalb Jahren, dass sie als Gastgeberin der Landeshauptleutekonferenz agierte. Bei einzelnen Themenbereichen habe es längere Debatten zwischen den neun Landeschefinnen und -chefs gegeben, wie es aus dem Umfeld der ÖVP Niederösterreich hieß. Vor allem Mikl-Leitner bedankte sich aber im Rahmen einer Pressekonferenz mit Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) und Kärntens Landeschef Peter Kaiser (SPÖ) für die Zusammenarbeit.

Nicht ohne Grund: So konnte Mikl-Leitner im Rahmen der Landeshauptleutekonferenz einen Teil ihrer nicht unumstrittenen Null-Toleranz-Initiative forcieren, die sie im vergangenen Herbst in Niederösterreich präsentiert hat. Unter anderem forderte die ÖVP damals strengere Regeln für die Erlangung der Staatsbürgerschaft und Einbürgerungskurse beim Thema Antisemitismus.

Nun einigten sich die neun Länder auf verpflichtende Besuche einer KZ-Gedenkstätte oder eines jüdischen Museums für Menschen, welche die Staatsbürgerschaft erlangen wollen. Auch Schülerinnen und Schüler sollen solche Besuche zumindest einmal in ihrer Schullaufbahn absolvieren müssen. Andere Verschärfungen beim Erhalt der Staatsbürgerschaft seien aber kein Thema gewesen.

Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner hat seit Jänner den Vorsitz der Landeshauptleutekonferenz inne.
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Einig waren sich die Länder auch in Sachen Freiwilligenwesen. Ziel sei ein Versicherungsschutz für den informellen Freiwilligendienst – also für jenes freiwillige Engagement, das nicht im Rahmen von Organisationen wie der freiwilligen Feuerwehr absolviert wird. Als Beispiel nannte die Landeshauptfrau die Nachbarschaftshilfe. Diesbezüglich wolle man in Gespräche mit Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) treten, um Umsetzbarkeit und Finanzierbarkeit zu klären.

"Geplagt von Bürokratie"

Nicht stärken, sondern lieber schwächen wollen die Länder den Einfluss der EU. Mikl-Leitner will ein "Europa, das mehr performt und weniger normt". Konkret sollen bürokratische Hürden verringert werden, denn man sei jetzt schon "geplagt von der Bürokratie der EU", betonte Mikl-Leitner. Sie sieht dadurch die internationale Wettbewerbsfähigkeit Österreichs und jene Europas in Gefahr. Auch Stelzer wünscht sich weniger Regulierungen der EU und bringt etwa Gesetze mit einer Ablaufklausel ins Spiel. Kritisch sieht Mikl-Leitner unter anderem das Lieferketten- und Bodenüberwachungsgesetz, das die EU plant. "Die EU soll wieder zu ihren Kernaufgaben zurückkehren: Frieden, Freiheit und Sicherheit", sagte die Landeschefin.

Noch im Vorfeld kritisierte WWF Österreich die Ablehnung der Länder in puncto EU-Renaturierungsgesetz. Die Haltung der Länder sei eine "unsachliche Blockade", hieß es von dem gemeinnützigen Verein. Kritisch äußerten sich auch die niederösterreichischen Neos, die sich mit der Vorsitzführung des Bundeslands unzufrieden zeigten. "Außer einem Festakt mit Brötchen und einer vagen Schwerpunktbeschreibung ist bislang nichts Konkretes passiert", meinte Neos-Landeschefin Indra Collini.

Die Landeshauptleutekonferenz tagt in der Landeshauptstadt St. Pölten.
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Länder wollen "steuernd eingreifen"

Thema der Konferenz war auch die Leerstandsabgabe, bei der die Länder steuernd eingreifen wollen. Die Pläne der Bundesregierung diesbezüglich gehen den Ländern nicht weit genug, DER STANDARD berichtete. Laut Kaiser wurde in einem Beschluss eine entsprechende Ermächtigung gefordert, um eine Leerstandsabgabe einführen zu können. Diese soll in einem Volumen möglich sein, das auch steuernd wirken könne.

In puncto Eigentum ist aus Sicht von Mikl-Leitner mit dem Wohnbaupaket des Bundes und der ersten Lockerung der KIM-Verordnung – sie legt fest, unter welchen Umständen Banken ihren Kundinnen und Kunden Kredite für die Schaffung von Wohnraum einräumen dürfen – bereits einiges gelungen. Die Ländervertreter hätten sich darauf verständigt, "nicht lockerzulassen", bis die Finanzmarktaufsicht die Kreditvergaberichtlinie streiche. Einstimmig fiel auch der Beschluss zum Thema Wolf. Der Schutzstatus des Tieres soll gesenkt werden, verlangte Kaiser. Das hat auch die EU-Kommission vorgeschlagen. Eine gemeinsame Länderstellungnahme war im Februar auf den Weg gebracht worden.

Die Landeshauptleute sind bereits am Dienstag zu Vorbesprechungen und einem gemeinsamen Abendessen zusammengetroffen. Seit Jänner hat die niederösterreichische Landeshauptfrau den Vorsitz der Konferenz inne. Schon damals wollte Mikl-Leitner den Fokus auf Ehrenamt und Eigentum legen. (Max Stepan, APA, 3.4.2024)