Beyoncé bei den Grammys 2024 – für ihr neues Album erntet sie im
Beyoncé bei den Grammys 2024 – für ihr neues Album erntet sie im "Guardian" nun herbe Kritik von der Musikerin Yasmin Williams.
CBS

Beyoncé und kein Ende. Als der aus dem R&B und Mainstream-Pop kommende US-Star früh im Jahr angekündigt hatte, ein Country-Album zu veröffentlichen, entfachte das eine Diskussion über den vermeintlich einseitigen Ruf des Genres. Gilt es doch prinzipiell als Hort weißer Musik, wobei schnell offengelegt wurde, dass das so nicht stimmt, sondern Country von seiner Entstehung her betrachtet mindestens so schwarz wie weiß ist. Einzige Schieflage: Zwar hören laut Studien bis zu 30 Prozent der Afroamerikaner Country Music, die schwarzen Schöpfer derselben zählen aber bloß zwei Prozent.

Letzte Woche ist das 27 Lieder umfassende Beyoncé-Album mit dem Namen Cowboy Carter erschienen und erwies sich als ein Werk mit einer gewissen Country-Breitseite, aber auch als ein Spaziergang durch diverse Genres, die laut Beyoncé "funny little things" und nicht so wichtig wären.

Dennoch sei sie, und das war eine der wenigen Infos, die es vorab zu dem Album gab, "tief in die Geschichte der Country-Musik eingetaucht" und habe "unser umfangreiches Musikarchiv studiert". Dem widerspricht nun Yasmin Williams recht vehement.

Narzisstische Kränkung

Williams ist eine afroamerikanische Folk- und Country-Musikerin aus North Virginia und hat in New York Musiktheorie studiert. In einem Text im britischen Guardian zerpflückt sie Beyoncés Ansinnen und kommt zu dem Schluss, es ginge der 42-Jährigen weniger um den Country, sondern letztlich nur um sich selbst.

Dass die Texanerin Beyoncé wegen ihrer Aussprache früher als zu provinziell ("too country") belächelt wurde, betrachtet Williams eher als narzisstische Kränkung des Stars, und ihre Versuche, sich dem Fach mittels Hereinnahme großer Stars wie Dolly Parton oder Willie Nelson zu nähern, als eine Art Themenshopping. Irritiert ist sie von Gästen wie Post Malone, die mit Country gar nichts zu tun hätten. "Beyoncés schreckliches Duett mit Post Malone über Levi's-Jeans hat nichts mit Tradition zu tun. Es ist eine Werbung, die eine bestimmte Ästhetik benützt, ähnlich wie ihre Black-Panther-artige Uniform beim Super Bowl 2016." Und Williams legt nach.

Das harte Tourleben

Beyoncés Versuche des Storytellings wären ebenfalls irrlichternd. Williams führt das Lied Sixteen Tons von Merle Travis an, mit dem Beyoncé kokettiert. Die Country-Legende sang darin über Schwerstarbeit, die er täglich leiste, die aber bloß seine Schulden steigern würde: "I loaded 16 tons / What do you get? / Another day older and deeper in debt." Beyoncé wiederum singt in 16 Carriages über die Entbehrungen des Tourlebens mit ihrer früheren Girlgroup Destiny's Child. Dazu meint Williams: "So hart das Tourleben im Bus sein kann, Beyoncés Nöte sind eine Hollywood-Version von der Realität arbeitender Menschen."

Und während Johnny Cash im Folsom Prison Blues die Tristesse eines Gefängnisinsassen beschreibt, besingt Beyoncé in Sweet Honey Buckiin', dass sie bei den Grammys immer noch nicht die Trophäe für das Album des Jahres erhalten habe. Das unermessliche Leid eines Superstars. (Karl Fluch, 3.4.2024)