Blick in ein Geldbörserl mit Euroscheinen
Wer bekommt warum wie viel Geld? Für den Wert der Arbeit gibt es keine klaren Maßstäbe.
APA/EVA MANHART

Viele fühlen sich ungerecht entlohnt. Viele empfinden die Gagensystematik als falsch. Zu Recht. Es ist nicht mit Fairness zu argumentieren, warum es so krasse Gefälle zwischen Berufen gibt, warum manche für ein paar Arbeitstage so viel Geld erhalten wie andere für das ganze Jahr. Mit "Leistung" daherzukommen hilft hier auch nicht.

Das führt zu Kränkung, zu Neid, zum Gefühl der Abwertung. Das führt zu einem Shitstorm, wenn enorm hohe Gagen, weit über dem Limit des Topverdienens, das bei 150.000 Euro brutto im Jahr liegt, öffentlich werden.

Klare Maßstäbe für den Wert der Arbeit existieren nicht. Es gibt für die Entlohnung den sogenannten Markt, also das, was Unternehmen bereit sind für eine Arbeitskraft zu zahlen. Und es gibt ein paar, die es sich richten können. Dazwischen gibt es in Unternehmen oft gute Altverträge und viel weniger gute Neuverträge. Das sind Verwerfungen, die sich nicht schnell glätten lassen. Würde eine Affiche aller Einzeleinkommen am schwarzen Brett helfen? Oder die Veröffentlichung der höchsten Einkommen, zu der der ORF nun gezwungen war?

Nein. Es ist naiv zu glauben, dass wir, wenn wir detailliert wüssten, was andere jeweils verdienen, unmittelbar ins Himmelreich der Harmonie gelangen würden. Im Gegenteil: Das Ungerechtigkeitsempfinden würde vermutlich sogar steigen. Wir ziehen nun einmal permanent Bilanz und vergleichen uns mit anderen. Vor allem beim hochemotionalen Thema Gage, das gerne mit Status und Erfolg gleichgesetzt wird. Individuelle Gagentransparenz löst weder Emotionen auf, noch ist sie ein sicheres Wundermittel gegen strukturelle Ungerechtigkeit in der Entlohnung.

Andere Debatte

Dass wir uns weiterhin eine Vielzahl an prekären Jobs in der Gesellschaft leisten, ist unerträglich. Wir müssen in vielen Bereichen das Lohnniveau schleunigst anheben und die Forderung nach Mindestlöhnen wieder auf den Tisch bringen. Das ist aber eine andere Debatte, da geht es um die Frage, was uns Zusammenhalt, Menschenwürde, Wertschätzung von Arbeit wert sind. Krasse Einkommensunterschiede zwischen Berufen werden so nicht beseitigt. Das Rad lässt sich dadurch im Topmanagementbereich nicht zurückdrehen. Das ist auch mit Einzelausweisen der Gagen von Vorstandsvorsitzenden, "Fat Cats", nicht gelungen. Eher zeigt sich, dass sich Firmen dort dann nach oben lizitieren.

Maßvolle Transparenz

Das bedeutet nicht, dass Unternehmen keinen Handlungsbedarf haben. Den Kulturwandel hin zu Transparenz für Tätigkeitsbereiche und einem validen Argumentarium, warum wer mehr verdient, müssen im eigenen Interesse alle vollziehen. Manche haben das ja längst getan.

Es ist nötig, für belegbare Klarheit des Einkommensgefüges im Unternehmen zu sorgen. Auch um den Gender-Pay-Gap zu schließen, auch weil – trotz steigender Arbeitslosigkeit und trotz Vormarschs der Künstlichen Intelligenz – der Wettbewerb um Arbeitskräfte gekommen ist, um zu bleiben. Und die Frage nach der Wirkung eines Unternehmens auf die Gesellschaft bedeutender wird.

Aber abseits von größtmöglicher Transparenz bei aus Steuern finanzierten Gehältern: Für das Gros muss extern im Dunkeln bleiben dürfen, wer exakt wie viel verdient. Ob unsere Nachbarn unser Einkommen genau kennen sollen, darf jede und jeder selbst entscheiden. (Karin Bauer, 7.4.2024)