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Durch das Einbinden von Google-Schriftarten wird eine Verbindung zu den Servern des Unternehmens hergestellt, so die Argumentation hinter der Abmahnwelle.
AFP/JOSH EDELSON

Es war ein Vorgehen, das im Sommer 2022 für viel Aufsehen sorgte: Ein "Datenschutzanwalt" forderte im Namen seiner Mandantin von rund 33.000 Websitebetreibern in Österreich jeweils in Summe 190 Euro, weil diese Google-Schriftarten in ihre Websites eingebaut hatten. Dies verstoße gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), weil über die Schriftarten eine Verbindung zu Google-Servern hergestellt werde, so die Argumentation. Es folgten diverse Auseinandersetzungen vor Gericht. Und nun ist die Angelegenheit um eine weitere Facette reicher.

So berichtet der ORF Kärnten, dass der Kärntner Anwalt Ulrich Salburg für seinen Mandanten – ein Hotel im südlichen Bundesland – vor Gericht ein "virtuelles Hausverbot" erstritten hat. Demnach darf die Wienerin hinter der besagten Abmahnwelle die Website des Hotels nicht mehr aufrufen. Dem Bericht zufolge hat sich Bezirksrichterin Eva Heisinger für die ungewöhnliche Entscheidung in die Materie von IP-Adressen und Webspaces eingearbeitet.

Hausverbote: Real und virtuell

Die Argumentation: So wie ein Gastwirt für sein physisches Lokal laut Paragraf 354 ABGB sein Hausrecht nutzen und Menschen Hausverbot erteilen kann, solange niemand diskriminiert wird, ist dies auch für virtuelle Orte möglich. Laut einem Bericht von heise.de hatte der österreichische Oberster Gerichtshof (OGH) bereits vor zehn Jahren entschieden, dass ein Wirt ein Hausverbot gegen eine Person aussprechen darf, die sich in einem Gasthaus hauptsächlich mit dem Vorhaben aufhält, nach möglichen Rechtsverstößen zu suchen und diese anschließend zur Anzeige zu bringen (OGH "Rauchersheriff" 4 Ob 48/14h).

Die Wienerin hingegen pocht auf ihr vermeintliches Recht, die Website des Hotels aufrufen zu dürfen. Ihr Anwalt Marcus Hohenecker wird gegen das Urteil berufen. Gegenüber dem ORF Kärnten betont Hohenecker, dass die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs immer eindeutiger werde: Dem Anwalt zufolge haftet ein Websitebetreiber nur dann nicht, wenn er nachweist, dass er in keiner Weise für die Datenweiterleitung verantwortlich ist.

Hildegard von Bingens Website

Im September waren Hohenecker und seine Mandantin vor Gericht vorerst gescheitert, die Justiz sah weder einen Beweis für Datenweitergabe noch für einen daraus entstandenen Schaden. Argumentiert wurde im Rahmen des Urteils auch, dass die besagten Websites nicht von der Klägerin selbst, sondern in ihrem Namen von einem Computerprogramm besucht wurden. Dem Bericht von heise.de zufolge führte dies zu interessanten Situationen: So wurde unter anderem von Hildegard von Bingen Schadenersatz gefordert. Die Klosterfrau lebte von 1098 bis 1179 in der heutigen Rheinland-Pfalz, betrieb mit großer Wahrscheinlichkeit also keine eigene Website.

Im Oktober 2023 hatte das Bezirksgericht Favoriten das Vorgehen der Briefeschreiberin als rechtsmissbräuchlich eingestuft. Der Vorarlberger Unternehmer Maximilian Zumtobel, einer der Adressaten des Schreibens, hat zuvor über seinen Anwalt Ulrich Kopetzki eine Feststellung eingeklagt, dass der im Abmahnschreiben behauptete Schadenersatzanspruch nicht besteht. Auch hier hat Hohenecker "volle Berufung" gegen die Entscheidung angekündigt, das Urteil ist also nicht rechtskräftig und geht in die nächsthöhere Instanz. (stm, 5.4.2024)