Im Dokumentarfilm
Im Dokumentarfilm "Edelweiss." setzt sich Anna Gaberscik mit der Frage auseinander, wie in Österreich lebende People of Color über ihre Heimat denken. Ein wichtiges Thema, wie Studien zeigen.
Rezzarte

Das Diagonale Forum im Heimatsaal des Volkskundemuseums in Graz hat sich Freitagnachmittag auf die Suche nach Diversität und den Umgang mit Stereotypen begeben. Birgit Moldaschl vom Österreichischen Filminstitut (ÖFI) und Paul Scheibelhofer von der Universität Innsbruck belegten mit ersten Zahlen aus dem neuesten Gender Report des österreichischen Films: Queere Figuren kommen selten in Spielfilmen vor, Reiche und Akademiker sind dafür überrepräsentiert.

Reich und weiß

Die quantitative Studie hat österreichische Spiel- und Dokumentationsfilme zwischen 2012 und 2021 hinsichtlich der Repräsentation von Diversität analysiert. In den Spielfilmen waren nur sechs Prozent von je drei Hauptfiguren schwul oder lesbisch, von den sechs queeren Figuren war nur eine weiblich. Queere Menschen wurden dafür eher als reich dargestellt, während Figuren mit Migrationshintergrund häufiger als arm gezeigt wurden.

Religiöse Zugehörigkeit spiele im österreichischen Film kaum eine Rolle, wenn dann meist in migrantischen Milieus. Die "Oberschicht" sei zudem überrepräsentiert, die "schnöde Mittelschicht" sei für Filmschaffende offenbar weniger von Interesse, zog Scheibelhofer den Schluss.

Im Dokumentarfilm zeigte sich, dass meist nur die Mehrheitsgesellschaft im Mittelpunkt steht, nicht normative sexuelle Orientierungen werden nur selten in den Fokus gerückt, wenn dann sind es meist schwule Männer, so Moldaschl. Sie präsentierte außerdem ein Umfrage- und Datenerhebungstool aus Deutschland namens OMNI. Dieses sollte - so ihr Wunsch - auch für Österreich übernommen werden und könnte die Diversitätslage "off screen" festhalten.

Rassismus im Gemeindebau, nicht im Film

Die Politologin und Künstlerin Dina Yanni präsentierte ihre Studie "Perspektiven auf Rassismus im Film in Österreich", die, wie der Film Gender Report, auf der Website des Österreichischen Filminstituts abrufbar ist. Anhand von 15 Filmanalysen veranschaulicht sie darin, wie Gestaltungsmittel und Narrative im Film diskriminieren. Dabei berief sich Yanni auf den Kulturtheoretiker Stuart Hall, der Rassismusdarstellungen als "Spektakel des Anderen" beschrieb.

Mit der Studie wolle Yanni erläutern, wie Darstellungen nicht-weißer Personen "entlang oft übertriebener und erfundener Marker der Unterscheidung" im österreichischen Spielfilm präsent seien. Dass diese Stereotype meist unbewusst reproduziert werden, erschwere die Arbeit. Das zeige sich schon allein daran, dass Yanni von sämtlichen Stellen - abgesehen vom ÖFI - mit ihrer Finanzierungsbitte für die Studie abgeblitzt sei: "Es hieß, ich soll für meine Rassismus-Studie in den österreichischen Gemeindebau gehen, nicht in die Filmbranche", schilderte sie. Yanni ist überzeugt: "Niemand handelt in böser Absicht, aber es braucht Training, um Stereotype zu erkennen." (APA, red, 6.4.2024)