Russ Cook kurz nach der Ankunft im nördlichsten Zipfel von Tunesien.
AFP/FETHI BELAID

In Angola haben sie ihn mit der Pistole bedroht und ausgeraubt. In der Demokratischen Republik Kongo verirrte er sich im Dschungel, wurde entführt und einige Tage festgehalten. Der größte Endgegner auf der unbegreiflichen Reise des Ultraläufers Russ Cook waren Sandstürme. Die fühlten sich an, sagte er, als habe ihn ein Heer zurückhalten wollen.

Wirklich aufzuhalten war der Brite über die 352 Tage trotzdem nicht. Der 27-Jährige ist vom südlichsten zum nördlichsten Punkt Afrikas gelaufen. Am 22. April 2023 legte er in Kap Agulhas in Südafrika los, am Sonntag erreichte Cook das Ziel in Ras Angela in Tunesien.

Vor einigen Jahren steckte Cook im Sumpf. Der Mann aus Worthing an der Südküste Englands war spielsüchtig, depressive Phasen wollte er in Alkohol ertränken. Der Sport hat ihn aus dem Loch geholt und seine Inspiration geweckt. Er begann als Guide für Abenteuerlustige zu arbeiten und erhöhte die Umfänge im Training. Bei seiner Tortur durch Afrika sammelte er Spenden für Organisationen, die jungen Menschen ohne festen Wohnsitz über den Laufsport zu einem neuen Leben verhelfen wollen. Bis Montag hatte Cook umgerechnet fast eine Million Euro aufgestellt.

Liebe und Daiquiri

Auf seinen 16.275 Kilometern hatte Cook mit einer Lebensmittelvergiftung zu kämpfen, Blut im Urin und lief ab Nigeria nur noch mit starken Schmerzmitteln. Um der Hitze tagsüber zu entgehen, spulte er nachts Kilometer ab. Finanziert hat sich Cook das Projekt über Sponsoren, ein Crowdfunding und Werbeeinnahmen via Youtube. Freunde unterstützten ihn aus einem Begleitbus heraus. "Wir haben unglaubliche Menschen getroffen", sagte Cook, "die uns mit Liebe und Güte begrüßt haben."

Cook, der den Rekord für den schnellsten Marathon mit einem Auto im Schlepptau (9:56 Stunden) hält, bezeichnet sich selbst als "the Hardest Geezer" (der härteste Kerl), nimmt sich aber mit typisch britischem Understatement nie allzu ernst. Er wolle Menschen inspirieren, "ihren Träumen ein bisschen mehr zu folgen. Ich bin ein ganz normaler Kerl, und wenn ich das kann, dann können Leute das hoffentlich auch auf ihr eigenes Leben anwenden."

Im Ziel in Tunesien sprang Cook ins Mittelmeer. "Ich bin ein bisschen müde", sagte er. An der Bar eines Hotels in Bizerta gönnte er sich seine seit Wochen ersehnte Belohnung: einen Strawberry Daiquiri. (Lukas Zahrer, 8.4.2024)