Bouvier Hoxton Hotel Restaurantkritik Wien Der Standard Severin Corti
Das Bouvier im früheren Gewerbehaus ist ein Hotelrestaurant, das von zwei New Yorker Starköchen kuratiert wird.
Gerhard Wasserbauer

Wiens neuestes, im 1950ies-Fiebertraum des früheren Gewerbehauses der Wirtschaftskammer untergebrachtes Hotel hat ein Restaurant im Parterre und eine Bar auf dem Dach. Sie wurden von Fabián von Hauske Valtierra und Jeremiah Stone kuratiert, die in New York das Wildair und das Contra betreiben, beides sehr gehypte Restaurants der globalen Gastro-Szene. So etwas darf in Wien allemal als Ereignis gelten – und sei es, weil die Stadt sich bekanntlich einen Lieblingssport daraus macht, anderswo ­gefeierte Berühmtheiten zur Begrüßung gleich frontal an die Wand fahren zu lassen.

Die Starköche haben schon als Jünglinge in den ganz richtigen, wichtigen Lokalen gearbeitet – Noma und Fäviken im Fall von Hauske Valtierra, das Genie­-Bistro Chateaubriand und die legendäre Neo-Trattoria Rino (beide Paris) bei Stone. Viel hipper geht es kaum, dementsprechend gilt die Bistro-Klassiker mit Esprit variierende Linie des Wildair als eine der weltweit meistkopierten überhaupt.

Wien hat jetzt keine Kopie, sondern ein Restaurant, hinter dem die zwei ganz offiziell stehen. Es hört auf den Namen Bouvier, was man als Hommage an Jackie Kennedy-Onassis deuten kann, die wurde schließlich als Jacqueline Bouvier in eine französischstämmige New Yorker Familie geboren und ist bis heute ein Inbegriff für transatlantischen Glamour.

Bevor es aber ums Bouvier geht, lohnt sich ein Blick aufs Dach des Hotels. Da ist jetzt eine Bar, die sich explizit kubanisch gibt, mit Salsa, Merengue, kubanischem Rum, Smokers Lounge auf der Heizschwammerlterrasse und tollem Blick auf die Innenstadt. Na hallo? Eine Fidel-Cas­tro-Gedächtnis-Tschumsn im einst erzschwarzen Wirtschaftskammer-Bau am Rudolf-Sallinger-Platz? So ist es also, wenn der Treppenwitz im Penthouse einzieht.

Auch im Restaurant sind Retro-Vibes das Thema, mit deutlichen Art-déco-Anklängen und einer Speisekarte, die von Salade niçoise über Pâté en croûte (eine elegant in Teig geschlagene, hier leider seltsam rauchfleischig sulzige Pastete) bis zu Caesar Salad und Pfeffersteak kaum einen in die Jahre gekommenen Klassiker auslässt. Die gute alte Zeit erlebt in diesen unsicheren Zeiten eine Renaissance, und so wird dem Charme des alten, frankophilen Westens hier, nahe dem Rennweg (und damit dem Balkan), noch einmal gehuldigt.

Panisse frites, zu riesenhaften Quadern geschnittene Kichererbsen-Creme, wird frittiert und mit Dukkah gewürzt – außen knusprig, innen cremig, in Kombination mit Aioli kein schlechter Snack zum ersten Drink. Auch Lauch-Vinaigrette mit gegrillten Artischockenherzen und gut abgestimmter Estragon-Sonnenblumenöl-Marinade macht Freude, eine frische, das Zwiebelgewächs elegant in Szene setzende Vorspeise. Moules-frites wird in deutlich verbrannter Tomatensauce serviert, in der die Muscheln sich zu Gummi auskochen mussten – die Empfehlung des (auch sonst irrlichternden) Service ist eindeutig ein Schuss ins Knie.

Groß-Cracker, paniert

Bouvier Hoxton Hotel Restaurantkritik Wien Der Standard Severin Corti
Hendlschnitzel mit Spiegelei, Kapern, Sardellen und gegrillter Paprika.
Gerhard Wasserbauer

Schnitzel nimmt eine eigene Rubrik der Karte in Anspruch, dafür wird Hendlbrust in Pankobröseln zu einer Art ultraknusprigem Groß-Cracker frittiert und, wie international üblich, mit allerhand Garnierungen belegt. Das Schnitzel ist außer knusprig nur knusprig (immerhin …), die Toppings machen nur zum Teil Freude. Sauce gribiche, eine Art pikante Sauce tartare, aus gekochtem Eigelb montiert, wird mit Radieschen kombiniert – funktioniert super zum Panierten. Lardo, Fenchel und Kräutercreme hingegen wirkt ein wenig unentschieden in der Kombination, der Lardo geht leider unter, dafür drängt sich die schnittlauchig grüne Creme umso mehr vor. Am besten ist (siehe Bild) die Variante mit Spiegelei, Kapern, gegrillter Paprika und Sardellen – überzeugende Interpretation des Schnitzels als Appetitbrötchen und eine köstliche Alternative für jene, die sich ihr Schnitzel gerne als Marmeladebrot zurechtmachen. (Severin Corti, 12.4.2024)

Bouvier Hoxton Hotel Restaurantkritik Wien Der Standard Severin Corti
Panisses frites (gebackene Kichererbsencreme) mit Dukkah und Sauce Tartare
Gerhard Wasserbauer
Bouvier Hoxton Hotel Restaurantkritik Wien Der Standard Severin Corti
Lauchsalat mit gegrillten Artischocken und Sonnenblumen-Vinaigrette
Gerhard Wasserbauer
Bouvier Hoxton Hotel Restaurantkritik Wien Der Standard Severin Corti
Moules Frites, Miesmuscheln in Paradeissauce mit Pommes
Gerhard Wasserbauer