Für jene Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die die Voraussetzungen für eine Rot-Weiß-Rot-Karte plus erfüllen, ist die am Mittwoch nach dem Ministerrat verkündete Einigung eine große Verbesserung. Wer unter den rund 49.000 in Österreich befindlichen Kriegsvertriebenen im arbeitsfähigen Alter in den vergangenen zwei Jahren zwölf Monate lang voll versichert gearbeitet hat und dabei einen durchschnittlichen Nettoverdienst von 1.200 Euro für eine Einzelperson erzielt hat, kann künftig auf eine Aufenthaltsgenehmigung mit unbegrenztem Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt wechseln.

Ukrainerin am Buffet des Tageszentrums der NGO Train of Hope in Wien 15
Kaffee und Kuchen im Zentrum für Flüchtlinge aus der Ukraine von Train of Hope in Wien.
Foto: Regine Hendrich

Dieser Zugang ist bis dato auf jeweils einen Arbeitgeber beschränkt. Aufgrund ihres EU-weit gewährten Vertriebenenstatus haben die aus der Ukraine Geflohenen aktuell lediglich Anrecht auf eine normale Rot-Weiß-Rot-Karte, eine ohne plus.

Nur für 7.000 von 49.000 Ukrainerinnen im Land

Die von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) und Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) vor der Presse präsentierte Neuerung wird allerdings nur rund 7.000 Ukrainerinnen und Ukrainern zugutekommen. Nur diese im Gesamtvergleich kleine Gruppe kann besagte Bedingungen erfüllen: konkret zwei Drittel jener 12.600 Personen, die die Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt bereits geschafft haben – vielfach Frauen, die, wie Kocher sagte, in der Gastronomie, der Pflege sowie in der Industrie untergekommen sind.

Durch die Öffnung des Arbeitsmarktes als Ganzes solle ihnen und ihren Arbeitgebern "Sicherheit und Stabilität vermittelt werden", sagte Kocher. Und zwar über den März kommenden Jahres hinaus, nachdem am 4. März 2025 die bereits mehrfach verlängerte Aktivierung der EU-Vertriebenenrichtlinie endet.

Was danach unionsweit der Fall sein werde, sei unklar, meinte der Minister. Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte plus seien ukrainische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber auf alle Fälle abgesichert. Zumal zusätzliche Jobinteressentinnen und -interessenten hierzulande willkommen sind, weil, so Sozialminister Rauch, akuter Fachkräftemangel herrsche.

Arbeitgeber erfreut, Lob und Kritik von NGOs

Positiv war das Resümee auf Arbeitgeberseite auf den Regierungsbeschluss: Es sei von zentraler Bedeutung, dass Personen, die bereits gut am Arbeitsmarkt integriert seien, auch eine längerfristige Bleibeperspektive erhielten, sagte etwa der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer. Von NGOs wie der Asylkoordination, Caritas und Diakonie kam Lob, aber auch Kritik. Zwar handle es sich um einen "guten ersten Schritt", aber es würden zu wenige von der Rot-Weiß-Rot-Karte plus profitieren können, sagte etwa der Asylkoordinationssprecher Lukas Gahleitner.

Ein Großteil der arbeitsfähigen aus der Ukraine Vertriebenen nämlich werde von den strengen Zuverdienstregeln in der Grundversorgung an einer Jobaufnahme gehindert. Die basale Versorgungsstruktur für mittellose Fremde, an sich für Asylwerbende gedacht, bremse die Integration der ukrainischen Kriegsflüchtlinge massiv.

Tatsächlich darf, wer sich in der Grundversorgung befindet, nur wenige Hundert Euro pro Monat dazuverdienen – will er oder sie nicht riskieren, Unterkunft und Verköstigung oder Geld für Lebensmittel zu verlieren.

Sozialhilfe statt Grundversorgung

Das Wort Grundversorgung nahmen Kocher und Rauch am Mittwoch nicht in den Mund. Für aus der Ukraine Vertriebene, die dem Arbeitsmarkt aus den unterschiedlichsten Gründen nicht zur Verfügung stehen, werde noch nach einer dauerhaften Lösung gesucht, sagte Rauch. Caritas-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler wurde konkreter: Sie verlangte, die Vertriebenen aus der Grundversorgung in die Sozialhilfe zu überzuführen. (bri, 10.4.2024)