Beschilderung zu einem Erstaufnahmezentrum in St. Georgen im Attergau.
Beim Ankommen kann die Grundversorgung dabei helfen, wesentliche Bedürfnisse zu decken. Längerfristig verstellt sie so manchem jedoch den Weg zum Arbeitsmarkt.
APA/BARBARA GINDL

Auch nach mehr als zwei Jahren bleibt es für ukrainische Geflüchtete am österreichischen Arbeitsmarkt schwierig. 70.000 Ukrainerinnen und Ukrainer befinden sich derzeit im Land, rund ein Drittel davon geht keiner Beschäftigung nach – obwohl es eigentlich möglich wäre. Oder: möglich sein müsste. Tatsächlich aber bestehen immer noch reichlich Hürden, von nur jährlich verlängerten Aufenthaltsgenehmigungen bis hin zur Hoffnung, bald wieder in die Heimat zurückkehren zu können.

Was bleibt, ist eine gemischte Bilanz, wie Johannes Kopf resümiert. "Es gelingt mir nicht, wirklich zufrieden zu sein", sagte der Chef des Arbeitsmarktservices (AMS) bei einer Pressekonferenz am Montag. Zwar seien immerhin – mit Stand Ende Jänner – 17.400 Ukrainerinnen und Ukrainer vollversichert beschäftigt, weitere 3.600 gingen einer geringfügigen Arbeit nach. Angesichts 20.000 bis 25.000 arbeitsloser Schutzsuchender erscheinen die Zahlen allerdings bescheiden.

Gründe dafür gibt es gleich mehrere. Ein wesentlicher: die Grundversorgung. Sie soll hilfs- und schutzbedürftigen Asylansuchenden ausreichend Mittel zur Verfügung stellen, um Grundbedürfnisse des täglichen Lebens zu decken. Ein Dach über dem Kopf, Essen, Bekleidung, medizinische Versorgung. Was für das erste Auffangen nach der Ankunft in Österreich gedacht ist, sorgt im Fall der immer länger werdenden Aufenthalte für massive Probleme.

Sozialhilfe statt Grundversorgung

"Wer zum Beispiel in einem organisierten Grundversorgungsquartier untergebracht ist und eine Teilzeitarbeit aufnimmt, muss damit rechnen, seine Unterkunft ab dem ersten Arbeitstag zu verlieren", sagt Andreas Achrainer, Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung. Denn für die Grundversorgung gelten strenge Zuverdienstgrenzen; verdient man zu viel, gilt man nicht mehr als hilfsbedürftig – und verliert damit die Ansprüche. Werde das Arbeitsverhältnis nun noch in der Probezeit aufgekündigt, könne dies zu vorübergehender Obdachlosigkeit führen, bis ein neuerlicher Antrag auf Grundversorgung genehmigt wurde, warnt Achrainer.

Eine mögliche Lösung liegt bereits seit langem auf dem Tisch. Ukrainische Geflüchtete sollen demnach von der Grundversorgung in die Sozialhilfe gehievt werden. Bis zu 40.000 Ukrainerinnen und Ukrainer könnten damit mehr Eigenständigkeit erlangen. Der Vorschlag, den neben Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) auch AMS-Chef Kopf vorbrachte, stieß bislang allerdings auf keine politische Mehrheit.

Deutlich weiter dürften die Fortschritte indes an anderer Stelle sein: beim temporären Aufenthaltsrecht. Temporär ist dabei wörtlich zu nehmen, der Vertriebenenstatus gilt jeweils nur für ein Jahr. Erst vor kurzem wurde er für ukrainische Geflüchtete verlängert, er gilt nun bis 4. März 2025. Was danach passiert, ist unklar. Für Betroffene bedeutet das: Länger als ein Jahr können sie de facto nicht vorausplanen.

Fehlende Perspektive

Damit wird die private Wohnungssuche zur Herausforderung, von einem möglichen Arbeitsverhältnis ganz zu schweigen. Denn auch für Unternehmen sind die stets aufs Neue zu verhandelnden Aufenthaltsgenehmigungen Nährboden für Probleme. Eingeschulte oder angelernte Arbeitskräfte könnten innerhalb kurzer Zeit abhandenkommen. Rein hypothetisch würden sich Arbeitgeber ab 5. März 2025 strafbar machen, sollten sie – bei Ausbleiben einer Verlängerung – die Arbeitsverhältnisse aufrechterhalten. Um weiter im Land leben und arbeiten zu können, müssten ukrainische Arbeitskräfte als Angehörige eines Drittlandes nach derzeitigem Stand etwa eine Rot-Weiß-Rot-Karte beantragen. Verhandelt wird daher über ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht, um längerfristige Perspektiven zu schaffen.

Rückenwind dafür kommt auch aus der Industrie. "Man muss diesen Menschen eine Perspektive bieten, dass sie auch bleiben können, wenn sie am Arbeitsmarkt und damit auch gesamtgesellschaftlich gut integriert sind", sagt etwa IV-Generalsekretär Christoph Neumayer. Letztlich brauche es aber auch vonseiten der Vertriebenen mehr Anstrengungen, fordert AMS-Chef Kopf. Die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr sei verständlich, dürfe einem baldigen Spracherwerb sowie einer erfolgreichen Integration aber nicht im Wege stehen. "Das fordere ich auch ein." (dwo, 11.3.2024)