Das Bild zeigt ein Smartphone mit dem Starlink-Logo.
Ein Jahr lang soll Russland daran gearbeitet haben, Starlink im Krieg gegen die Ukraine für sich nutzen zu können.
IMAGO/STR

Im Zuge des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine scheint sich nach und nach zu erhärten, wovor schon länger gewarnt wird: Auch russische Streitkräfte greifen im Gefecht auf die Starlink-Terminals von Elon Musks Raumfahrtunternehmen Space X zurück. Diese Entwicklung stellt eine nicht gerade unerhebliche Wendung dar. Stellte die Nutzung dieser Technologie für die Ukraine anfangs einen großen Vorteil auf dem Schlachtfeld dar, dürfte dieser seit Jahresbeginn zunehmend schwinden.

Wie das "Wall Street Journal" berichtet, ist ein komplexes Netzwerk aus Schwarzmarktkanälen entstanden, das die Terminals durch verschiedene Regionen in Afrika und Südostasien und durch die Vereinigten Arabischen Emirate schmuggelt, ehe sie in Russland landen und dort an das Militär gelangen. Ein Verkäufer aus Moskau, der sich als Oleg vorstellte, berichtete etwa, dass er neben herkömmlichen Produkten wie Staubsaugern und Handyhalterungen auch dutzende Starlink-Terminals verkauft habe, die letztendlich an der Front gegen die Ukraine eingesetzt worden seien.

"Geprüfte Leistung" in besetzten Gebieten

Seit rund einem Jahr soll Russland daran arbeiten, die Starlink-Technologie an der Frontlinie verwenden zu können, wie eine informierte Quelle mitteilt. Erst zu Beginn des laufenden Jahres konnte man dann einen breit angelegten Einsatz dieser Terminals starten. Dieser Schritt folgte auf die Entdeckung, wie man diese Geräte über Umwege in fremden Ländern anmelden kann, erklärte die Quelle, ohne dabei ins Detail gehen zu wollen.

So sollen beispielsweise auch auf der Webseite strlnk.ru Dienste angeboten werden, die in den von Russland besetzten Regionen Krim, Luhansk, Donezk und Cherson eine "geprüfte Leistung" von Starlink versprechen. Die Kosten dafür beginnen bei 100 Dollar im Monat. Die Webseite listet Kontaktinformationen auf, darunter eine russische Mobilnummer und eine Yandex-E-Mail-Adresse. Ein Firmenvertreter weigerte sich allerdings, mit Journalisten des "Wall Street Journal" zu sprechen.

Einschränkungen funktionieren nicht

Starlink nutzt ein Netzwerk aus Tausenden von Satelliten, um eine schnelle und sichere Internetverbindung in Gebieten mit schwacher Versorgung bereitzustellen. Insbesondere für die Kommunikation zwischen Truppen und ihren Kommandanten sowie für die Steuerung von Drohnen kann das in Kriegsgebieten entscheidend sein. Das System ist zudem so konzipiert, dass es von Nutzern mit minimalen technischen Kenntnissen schnell und einfach aktiviert werden kann, was es zu einem attraktiven Werkzeug für militärische Zwecke macht – auch wenn Space X betont, dass der Dienst nicht für den Einsatz mit militärischen Waffen gedacht ist.

Das Bild zeigt ein Empfangsgerät von Starlink.
Die einfache Nutzung von Starlink macht das Satelliteninternet zu einem attraktiven Tool für militärische Zwecke – obwohl es nicht dafür gedacht ist.
APA/AFP/Chiba

Die Verwendung von Starlink durch russische Streitkräfte hat das geopolitische Dilemma, in dem sich Space X befindet, jedenfalls weiter verschärft. Das Unternehmen verfügt zwar über Mittel wie Geofencing und die Deaktivierung einzelner Geräte, um den Zugang theoretisch zu beschränken – doch die komplexe und oft undurchsichtige Lieferkette für die Hardware erschwert diese Kontrolle. Musk selbst betont, dass zwar keine Terminals direkt oder indirekt an Russland verkauft worden sind und dass die Geräte innerhalb von Russland nicht funktionieren sollten. Doch die Realität auf dem Schlachtfeld zeigt ein anderes Bild.

Gegenmaßnahmen in Arbeit

Natürlich hat die Nutzung von Starlink durch russische Streitkräfte dazu geführt, dass Space X deshalb von ukrainischen Beamten kontaktiert worden ist. Gemeinsam wolle man auch an einer Lösung arbeiten, die verhindert, dass die Technologie weiterhin der anderen Kriegspartei zugutekommt. Im Zuge dieser Bemühungen hat die ukrainische Telekom-Regulierungsbehörde im März darüber hinaus erste Schritte unternommen.

Sie veröffentlichte eine Verordnung, die die Verwendung von Starlink-Terminals in den von Russland besetzten Gebieten sowie in Gebieten nahe der Frontlinie regeln soll. Laut dieser neuen Vorschrift ist der Einsatz der Terminals nur noch dann gestattet, wenn diese offiziell bei den zuständigen Behörden in der ukrainischen Hauptstadt Kiew registriert sind. Weitere Details zur Durchsetzung und Wirksamkeit dieser Regelung bleiben allerdings noch unklar – das gilt auch für den Zeitpunkt, ab dem diese Bestimmungen gültig sind, heißt es in dem Bericht.

In diesem Zusammenhang äußerte sich auch John Plumb, der stellvertretende US-Verteidigungsminister für Raumfahrtpolitik, zu den laufenden Anstrengungen. Er bestätigte bereits am Freitag, dass Space X in enger Kooperation mit der ukrainischen Regierung daran arbeite, eine Lösung zu finden, die die Nutzung der Starlink-Terminals durch russische Kräfte an der Front unterbindet. "Wir arbeiten mit der Ukraine und mit Starlink zusammen", ergänzte er in einem Pressebriefing. (bbr, 10.4.2024)