Die wollen sowieso nicht mehr arbeiten, lautet der Vorwurf vieler Älterer an die Jungen. Ist da wirklich etwas dran? "Ich bin ein Fan von 20 Stunden", sagt Johanna. Die 33-Jährige arbeitet im Bildungsbereich und absolviert eine berufsbegleitende Ausbildung. "Ich bin die ganze Zeit topmotiviert und habe auch nicht das Gefühl, müde zu werden", begründet sie ihre Begeisterung. Auch der 24-jährige Georgius arbeitet aktuell Teilzeit und studiert nebenbei. Er ist der Meinung, dass vor allem die erbrachte Leistung und nicht die Arbeitszeit bewertet werden sollte.

"Möglicherweise wäre ich in dem Alter genauso und würde mich über weniger Arbeit freuen", sagt Pensionist Herbert. Ob man nun mehr oder weniger Geld habe, sei einem dann wahrscheinlich noch egal, fährt er fort. Vor dem Ruhestand war der 65-Jährige beruflich selbstständig. Einerseits habe er Verständnis für die Jungen, die sich eine kürzere Arbeitswoche wünschen, doch dass das wirtschaftlich möglich sei, kann er sich nicht vorstellen.

Positive Effekte

Die Idee einer verkürzten Arbeitswoche sorgt immer wieder für Diskussionen, die laufend durch neue Umfragen angeheizt werden. Kürzlich veröffentlichte das IMC Krems University of Applied Sciences eine Studie zur Viertagewoche. Trotz positiver Bewertungen und Vorteilen wie besserer Work-Life-Balance sowie gesteigerter Produktivität stünden einer Arbeitszeitverkürzung Herausforderungen bei der Umsetzung entgegen.

Von 263 in persönlichen Interviews befragten Personen würden der Erhebung zufolge rund die Hälfte in der Reduzierung der Arbeitszeit auf vier Tage mehr Vor- als Nachteile sehen. Durchgeführt wurde die Umfrage von Studierenden des Studiengangs Unternehmensführung. Ähnlich wie in Studien zuvor werden vor allem wirtschaftliche Vorteile in der Verbesserung des Unternehmensimages, einer Reduzierung der Fehlzeiten sowie einer Steigerung der Produktivität gesehen. Außerdem wird einem positiven Einfluss auf die Nachhaltigkeit mehrheitlich zugestimmt.

Junge Frau sitzt mit Laptop am Boden und ein Hund liegt neben ihr auf dem Sofa
Die Work-Life-Balance spielt laut zahlreichen Studien inzwischen eine große Rolle.
Jimena Roquero/Stocksy - Adobe Stock

Aus Sicht der Arbeitnehmenden wird von 60 Prozent an die erste Stelle der Vorteil eine bessere Work-Life-Balance gereiht. Als Hauptnachteile gelten Stress an den verbleibenden Arbeitstagen und mögliche Einkommenseinbußen. Hinsichtlich der Akzeptanz der drei gängigsten Umsetzungsmodelle stellt dem IMC Krems zufolge die beliebteste Variante "wenig überraschend" mit 92 Prozent die Reduktion der Arbeitszeit ohne Lohnverzicht dar. Rund drei Viertel der Umfrageteilnehmer könnten sich persönlich vorstellen, in diesem Arbeitszeitverkürzungsmodell zu arbeiten.

Breite Zustimmung

In eine ähnliche Richtung deuten die Ergebnisse einer vom Wiener SPÖ-Klub in Auftrag gegebenen Umfrage mit rund 1.000 Teilnehmenden. Die Wienerinnen und Wiener erachten demnach mehrheitlich eine Wochenarbeitszeit von 34 Stunden für optimal. Gewünscht wird weiters, die Arbeitszeit innerhalb von vier Wochentagen erledigen zu können. Die Zustimmung beträgt jeweils rund zwei Drittel. Besonders beliebt ist dieses Modell laut der Umfrage bei Jüngeren, Frauen und Familien mit Kindern.

Generell zeigten sich die Befragten aber durchaus zufrieden mit der Arbeitswelt. Die Work-Life-Balance spielt nicht nur laut dieser Studie, sondern auch in zahlreichen anderen inzwischen eine große Rolle. Die Höhe des Gehalts stehe aber immer noch ganz oben auf der Liste der motivierenden Jobfaktoren. Ähnlich sieht das der 22-jährige Marcel: Er arbeitet Vollzeit im Lebensmittelhandel und findet die Anzahl der Stunden "schon in Ordnung". Er würde sich statt einer Arbeitszeitreduktion aber eine Lohnerhöhung wünschen.

Finden, was Freude macht

Zusammengefasst lässt sich festhalten: Der Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit wird immer wichtiger, doch er steht nicht an erster Stelle. Für die jungen Generationen zählen laut Jugendforscher Simon Schnetzer vor allem drei Dinge am Arbeitsplatz: Spaß, Sinn und Sicherheit. "In einem Arbeitsmarkt, der es zulässt, Forderungen zu stellen, sollten wir auch nicht verwundert sein, wenn der Nachwuchs genau das macht", sagt er. Junge Menschen sehen die Work-Life-Balance nicht zwischen dem Arbeitsleben und dem Ruhestand, sondern wollen sie im Hier und Jetzt.

Auch Pensionistin Magdalena hat Verständnis dafür, dass sich viele jüngere Menschen mehr Zeit für ihr eigenes Leben wünschen, statt im Hamsterrad zu stecken. Früher war die 83-Jährige als Angestellte in einem Kulturbetrieb tätig, ihr Rat an die Jungen: Man solle auf die Ausbildung achten, damit man in einen Job kommt, der Freude macht. "Dann schaut es auch anders aus", ist sie sicher. (dang, 15.4.2024)