Die Diskussionsrunde im Studio
Bei Claudia Reiterer "Im Zentrum": Ulla Kramar-Schmid (ORF), Dieter Bacher (Zeithistoriker, Graz), Wolfgang Peschorn (Finanzprokuratur), Paul Schliefsteiner (Geheimdienstforscher) und Julian Hessenthaler (Produzent des Ibiza-Videos).
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Honeypot-Strategien, also die Verführungskünste einer Frau als kompromittierendes Material einzusetzen, um Informationen erpressen zu können, funktionieren von Russen mit Franzosen nicht, lernen wir. Die sagen nämlich: "Meine Ehefrau weiß es eh."

Es ist eine gut besetzte Runde zur aktuellen Spionageaffäre rund um Egisto Ott bei "Im Zentrum" im ORF am Sonntagabend. Sie bleibt allerdings ohne viel Dynamik. Es wird nacherzählt, hin und her diskutiert. Schnell und geschickt bringt Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur und einst Kurzzeit-Innenminister, die Forderung nach einer Ausweitung der Überwachung von Messengerdiensten ins Spiel, welche auch die grüne Justizministerin nicht mehr ausschließt. "Zeitgemäßer Werkzeugkoffer" nennt Peschorn das. "Wir fahren derzeit mit der Postkutsche nach Linz", beschreibt er.

Mit Julian Hessenthaler, Detektiv und Produzent des Ibiza-Videos, wird er nicht mehr Freund. "Herr Hessenthaler, Sie haben gar nichts verstanden", poltert Peschorn, weil sich Hessenthaler skeptisch zeigt und Österreichs Behörden als lax und ausgestattet mit Tauschmentalität beschreibt.

Wie viele Agenten?

ORF-Investigativjournalistin Ulla Kramar-Schmid illustriert die menschliche Komponente im Spionagekrimi mit den Tätigkeiten des suspendierten Egisto Ott. Es wird die Handy-Zertrümmerung mit einem Maurerfäustl nacherzählt, mutmaßliche Taten aus dem bisherigen Ermittlungsstand werden besprochen. Was machen Russen überhaupt mit jahrealten Handys? Aber abseits vom Bekannten: Wie viele Agenten tummeln sich überhaupt in Wien? Es bleibt unbekannt.

Eine "Krise der Wahrnehmung" im Ausland ortet die Runde schon. Peschorn bringt zum Thema Motive für Spionage und Vertrauen ins Spiel, die "ewige Baustelle Sicherheitsapparat" brauche vertrauenswürdige Menschen im Staatsapparat. "Geld ist ein unzuverlässiger Faktor dafür", merkt der Grazer Zeithistoriker Dieter Bacher an. (Zufällig läuft gerade eine große Recruitingkampagne des Öffentlichen Dienstes, der am Rande großer Pensionierungswellen steht.)

Die wesentlichste Frage zu den Folgen der Staatsaffäre: Besteht nun ein Sicherheitsrisiko für Österreich? Ein vorsichtiges "Nein" ist die Antwort in der Runde. Geheimdienstforscher Paul Schliefsteiner ist allerdings überzeugt, dass Infos über mutmaßlich geplante Terrorakte nicht an Österreich vorübergehen würden. (Karin Bauer, 15.4.2024)