Die SM-3 beim Start von einem Raketenzerstörer.
Raytheon

Die Streitkräfte der USA sollen bei der Abwehr des iranischen Angriffs auf Israel eine tragende Rolle gespielt haben. US-Kampfflugzeuge sollen mehr als 70 iranische Drohnen abgeschossen haben, während zwei Raketenzerstörer der U.S. Navy im östlichen Mittelmeer sechs iranische Raketen abgefangen haben sollen. Das ist aus mehreren Gründen bemerkenswert: Einerseits sind Militärexperten überrascht, wie präzise US-Kampfjets Drohnen und Marschflugkörper erfassen können. Andererseits dürften die USA erstmals ein neues Raketenabwehrsystem eingesetzt haben, das anfliegende Raketen außerhalb der Erdatmosphäre abfangen kann. Aber auch von der israelischen Armee kommen Berichte, die an "Star Wars" erinnern. Den Isrealis soll erstmals ein "exoathmosphärischer Kill" gelungen sein.

Waffe gegen eigene Spionagesatelliten

Nach Angaben der israelischen Verteidigungskräfte (IDF) wurden insgesamt 350 iranische Raketen und Drohnen auf Israel abgefeuert, deren Sprengköpfe zusammen 60 Tonnen Sprengstoff enthielten. Etwa 120 ballistische Raketen, 30 Marschflugkörper und 170 Drohnen sollen auf Ziele in Israel abgefeuert worden sein. 99 Prozent von ihnen wurden abgeschossen – meist schon bevor sie überhaupt in den israelischen Luftraum eindrangen.

Aktuell sind zwei Raketenzerstörer der Arleigh-Burke-Klasse im östlichen Mittelmeer stationiert. Die USS Carney schoss mindestens drei ballistische Raketen ab, während die USS Arleigh Burke mindestens eine weitere zerstörte, wie "The Warzone" berichtet. Und: Erstmals sollen dabei SM-3-Raketen des Aegis-Abwehrsystems eingesetzt worden sein. Bei Aegis handelt es sich um ein Abwehrsystem gegen ballistische Raketen. Diese Raketen haben eine parabelförmige Flugbahn und treten kurzzeitig in den erdnahen Orbit ein.

Aufgabe von Aegis ist es, die Flugbahn derartiger Raketen vorauszuberechnen. Die SM-3 ist unter anderem dafür gemacht, ballistische Raketen während des mittleren Flugabschnitts abzufangen – also sobald diese die Erdatmosphäre verlassen und in den Weltraum eintreten. Die dreistufige SM-3 ist eine sogenannte Hit-to-Kill-Waffe. Das heißt, sie muss ein Ziel direkt treffen, um ihre zerstörerische Wirkung entfalten zu können. Zu diesem Zweck wird kurz vor dem Einschlag das "Kill Vehicle" freigegeben, das selbst den verwundbarsten Bereich des Ziels ansteuert und dort mit 130 Megajoule kinetischer Energie einschlägt. Das entspricht laut Angaben von Hersteller Raytheon der Energie von 31 Kilogramm TNT. Zur Bekämpfung mehrerer Ziele ist es auch möglich, eine SM-3 mit mehreren Kill Vehicles auszustatten.

Sollte sich der Einsatz der SM-3 bestätigen, wäre dies der erste Kampfeinsatz einer derartigen Waffe – und für die USA ein dringend nötiger Beweis, dass die über 20 Jahre andauernde Entwicklung des Waffensystems keine Fehlinvestition war. Die Schwesterrakete der SM-3, die SM-6, hatte ihr Gefechtsdebüt im Roten Meer, in der Abwehr der von den Huthi abgefeuerten Raketen. Die SM-6 ist dafür gedacht, Ziele innerhalb der Atmosphäre wie Kampfjets oder Drohnen zu bekämpfen und soll darüber hinaus in der Lage sein, Hyperschallraketen und moderne Marschflugkörper zu bekämpfen, die meistens eine flachere Flugbahn haben und eher bodennah eingesetzt werden. Die SM-6 ist somit die universell einsetzbare Rakete mit begrenzter Reichweite, während die SM-3 über eine große Reichweite verfügt, aber spezialisierter ist.

Die SM-3 ist darüber hinaus auch als Anti-Satelliten-Waffe konzipiert. Einen feindlichen Satelliten hat die Rakete aber noch nie abwehren müssen, einen US-eigenen aber sehr wohl. Im Februar 2008 geriet der Spionagesatellit USA-193 außer Kontrolle. Eine SM-3 sollte ihn zerstören, und tatsächlich wurde der künstliche Himmelskörper in einer Höhe von rund 250 Kilometern bei einer Geschwindigkeit von 10,5 Kilometern pro Sekunde getroffen – und das, obwohl der Satellit taumelte und seine Flugbahn daher nur extrem schwer vorauszuberechnen war.

Derzeit werden im Aegis-BMD-System in erster Linie Abfangraketen der Typen SM-3 und SM-6 eingesetzt. Aegis ist eigentlich ein System, das auf Schiffen eingesetzt wird, aber in Polen und Rumänien gibt es auch Aegis-Basen an Land. Militärische Modellbezeichnungen folgen ja oft der "Rule of Cool" und deren Akronyme sollen besonders beeindruckend klingen oder zumindest witzig sein – wie der Pimpf der Taurus. Doch die USA haben ausnahmsweise auf derartige Wortspiele verzichtet, denn SM steht als Abkürzung für den wenig fantasievollen Namen "Standard Missile".

Ein "exoathmosphärischer" Abschuss

Während die U.S. Navy den Einsatz der SM-3 noch nicht bestätigt hat, tauchen immer mehr Videos von angeblichen exoathmosphärischen Abschüssen auf, also von Fällen, in denen eine Abwehrrakete ein Ziel im Weltraum und nicht innerhalb der Atmosphäre zerstört. Es ist aber wahrscheinlich, dass es sich dabei um den erfolgreichen Einsatz von israelischen Arrow-3-Raketen gehandelt hat, denn auch diese sind in der Lage, Ziele im Weltraum zu bekämpfen. Arrow-3-Raketen könnten auch Österreich im Rahmen von Sky Shield schützen – neben der US-Fliegerabwehrrakete Patriot. (Peter Zellinger, 16.4.2024)