"Der Konflikt in der Ukraine begann mit der Missachtung russischer Interessen. Wenn Europa seine Politik wie bisher auf diese Interessen ausrichtet, wird der Konflikt zum beiderseitigen Vorteil beendet", konnte man in einem Interview mit dem Putin-Vertrauten Wiktor Medwedtschuk, das auf jedwede kritische Nachfrage verzichtet, lesen.

Wiktor Medwedtschuk bei einem anderen Interview 2024. 
Der Vertraute von Wladimir Putin, der Ukrainer Wiktor Medwedtschuk, bei einem anderen Interview 2024.
IMAGO/SNA

Für die Online-Version liegt die Betonung auf konnte, denn das siebenseitige Interview erschien auf der Homepage des rechtsextremen Freilich-Magazins und wurde von dort gelöscht. Das Magazin sitzt in Graz und ist zu fast 90 Prozent im Besitz des Freiheitlichen Akademikerverbands Steiermark (FAV), der Rest gehört dem Freiheitlichen Akademikerverband Salzburg. Just als der Spionageverdacht gegen Egisto Ott und die russische Propagandamaschinerie um das Nachrichtenportal "Voice of Europe", das auch Politiker in Europa bezahlt haben soll, aufgeflogen war, verschwand das Interview von der Homepage.

Nachfolger der "Aula"

Medwedtschuk war in der Ukraine einst selbst Politiker und Oligarch und einer der größten Gegner von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er lebt heute im Exil in Russland, Präsident Putin ist auch Pate eines seiner Kinder. Geführt hatte das Interview mit ihm Freilich-Redakteur Ulrich Novak telefonisch.

Bis 2018 gab der FAV das ebenso extrem weit rechts stehende Magazin Aula heraus, in dem KZ-Überlebende als "Landplage" bezeichnet wurden. Nach jahrelangem Rechtsstreit gab der Oberste Gerichtshof zehn Holocaustüberlebenden, die dazu Beschwerde eingereicht hatten, schließlich 2021 recht. Die Aula wurde 2018 eingestellt. Freilich ist quasi ein Nachfolgemedium der Aula.

Freilich-Geschäftsführer ist der ehemalige Grazer FPÖ-Gemein­derat Heinrich Sickl. DER STANDARD fragte Sickl schriftlich, warum das Interview mit Medwedtschuk, das mit "Die USA haben den Ukrainekonflikt mit Benzin gelöscht" betitelt war, gelöscht wurde.

Sickl antwortete: "Nach den neuen Erkenntnissen über Herrn Medwedtschuk und seine Nähe zum Kreml haben wir uns vor einigen Wochen entschlossen, das Interview mit ihm vorerst zurückzuziehen und den Sachverhalt zu prüfen." Auf Nachfrage des STANDARD, welche Erkenntnisse über Wiktor Medwedtschuk genau der Freilich-Redaktion neu waren, gab es keine Antwort mehr.

"Fake News"

Für den EU-Spitzenkandidaten der Neos, Helmut Brandstätter, ist das Interview ein eindeutiges Zeichen: "Die FPÖ betreibt ganz offen und schamlos russische Propaganda in den von ihren Vorfeldorganisationen finanzierten Medien. Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Freiheitlichen hierzulande bewusst russische Fake News und Desinformation streuen und damit die Sicherheit Österreichs gefährden", sagt Brandstätter dem STANDARD und erinnert daran, dass FPÖ-Mandatar Haider "Voice of Europe" ein Interview gegeben hat.

NEOS-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter am Dienstag, 16. April 2024, im Rahmen einer Plakatpräsentation von Neos.
Neos-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter kritisiert die FPÖ.
APA/GEORG HOCHMUTH

Brandstätter fordert die FPÖ auf, alle Verbindungen zu Freilich, das von der Partei unterstützt wird, zu kappen. "Wie viel russische Propaganda will die FPÖ noch verbreiten und unterstützen? Wir wollen weder Putins Agenten noch seine Propaganda in unserem Österreich und in Europa", so der EU-Kandidat. (Colette M. Schmidt, 18.4.2024)