Am vergangenen Dienstag (16. April) wurde es turbulent in den Google-Büros in New York und im kalifornischen Sunnyvale. Eine Gruppe von Mitarbeitern hatte Teile der Offices besetzt und sich per Sitzprotest und Transparenten gegen eine Zusammenarbeit von Google und der israelischen Regierung ausgesprochen. Konkret geht es dabei um das 1,2 Milliarden Dollar schwere "Project Nimbus". Im Rahmen dessen stellen Google und Amazon dem israelischen Verteidigungsministerium umfassende Kapazitäten im Bereich Cloudcomputing, Machine Learning und KI zur Verfügung.

"Kein Tech für israelische Apartheid" war unter anderem auf Schildern zu lesen, die Teilnehmer erklärten, dass sie mit ihrer Arbeit nicht Genozid an Palästinensern im Gazastreifen unterstützen wollen. Die Besetzungen wurden schließlich von der Polizei aufgelöst, Bilder von polizeilich aus den Gebäuden eskortierten Mitarbeitern gingen durch die Medien. Am Folgetag hatten 28 Mitarbeiter ihren Job beim Techkonzern verloren. Vorangegangen waren dem bereits kleinere interne Proteste und freiwillige Kündigungen von Angestellten, die "Nimbus" kritisch gegenüberstehen.

"Die Mission zuerst"

Öffentlich hielten sich Google und dessen Mutterkonzern Alphabet mit Stellungnahmen zur Causa bislang zurück. Auch in einem am Donnerstag veröffentlichten Blogeintrag zu den großen KI-Vorhaben des Unternehmens - verfasst von CEO Sundar Pichai selbst - wurde darauf nicht direkt eingegangen. Im Schlussteil unter dem Titel "Die Mission zuerst" war aber sehr wohl ein Bezug zu erkennen.

"Wir pflegen eine Kultur lebhafter, offener Diskussion, die es uns ermöglicht, erstaunliche Produkte zu erschaffen und großartige Ideen umzusetzen", steht dort einleitend. "Es ist wichtig, dies zu erhalten." Doch am Ende handle es sich dennoch um einen Arbeitsplatz in einem Unternehmen mit klaren Vorgaben und Erwartungen. Dementsprechend sei es nicht akzeptabel, andere Mitarbeiter zu stören, sie zu verunsichern oder das Büro als persönliche Plattform oder zum Kampf über heikle Themen oder politische Diskussionen zu nutzen.

Ein Gegendemonstrant mit Israel-Flagge vor den Demonstrierenden am Google-Standort in Sunnyvale.
REUTERS/Nathan Frandino

Als Unternehmen könne man sich solche Ablenkungen an der Schwelle zum KI-Zeitalter nicht leisten. Pichai erwarte sich, dass die Angestellten daran arbeiten "die Information der Welt zu organisieren und universell zugänglich und nützlich" zu machen. Und diese Mission sei wichtiger als alles andere. Auch ein schon am frühen Donnerstag verschicktes, internes Memo war via The Verge und anderen Medien öffentlich geworden. In diesem lieferte Googles Sicherheitschef Chris Rackow eine Beschreibung der Proteste. Demnach hätten einige Teilnehmer nicht nur Büroflächen besetzt, sondern diese auch verunstaltet und andere Mitarbeiter physisch an ihrer Arbeit gehindert. So ein Verhalten "werden wir nicht tolerieren", hieß es in dem Schreiben.

Die israelische Regierung weist den Vorwurf des Genozids (Völkermords) im Rahmen ihres militärischen Vorgehens in Gaza entschieden zurück. Rechtlich ist diese recht eng gefasst, erklärten die Völkerrechtler der Uni Basen und Uni Wien gegenüber dem STANDARD. Eine Bewertung obliegt letztlich internationalen Gerichten, Südafrika hat vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag eine Klage gegen Israel eingebracht. In einer Eilentscheidung vom 26. Jänner bestätigte der IGH den Genozid-Vorwurf zwar nicht, verpflichtete Israel aber, mehr dafür zu tun, um zivile Tote zu vermeiden. (gpi, 21.4.2024)