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Farbenprächtige Ausstattung der Inszenierung von "Fairycoin", in der vor allem erzählt und wenig gespielt wird.
Caroline Stark

Im Märchen werden Träume wahr. Der Frosch wird zum Prinzen, das arme Sterntaler-Mädchen wird überhäuft mit Silbertalern, Hänsel und Gretel befreien sich aus der Gefangenschaft der Knusperhexe und müssen nie mehr Hunger leiden. Doch Märchen sind zu schön, um wahr zu sein. Die junge, deutsche Autorin Natalie Baudy spinnt diese Märchenfäden ins Heute weiter: Fairycoin – Märchen aus der Kryptowelt heißt ihr neues Stück, das als Koproduktion vom Theater Kosmos Bregenz und dem Vorarlberger Ensemble Unpop uraufgeführt wurde. In Fairycoin, das im Rahmen des Drama Lab der Wiener Wortstätten entstand, entlarvt Baudy die menschliche Gier.

Baudy hat auf der Folie einiger Märchenmotive einen Abgesang auf die Kryptowelt geschrieben. Fairycoin erzählt in einem Bilderbogen von zwölf Personen, die auf der Suche nach schnellem, einfachem, endlosem Reichtum neuen Heilsversprechen blind folgen – und untergehen. Da sind der Fischer und seine Frau Ilsebaby, die einem mysteriösen Butt folgen, der Reichtum verspricht, wenn sie nur Kryptomining betrieben. Da ist die elegante Drogendealerin, die in ihrem Haus aus Zartbitterschokolade die Onlinebestellungen als hübsch verpackte "Geschenke" verschickt, bis sie geschnappt wird. Da ist die alte Kundin, die noch ganz analog im Casino, in der Kneipe und bei der Dealerin nach dem Glück sucht.

Mann ohne Passwort

Da ist der Mann ohne Passwort, der an sein Bitcoinvermögen nicht herankommt, weil er das Passwort vergessen hat. Dazu eine Journalistin, die viele Fragen stellt, aber keine Antworten bekommt, ihre Künstlerschwester, die das Urheberrecht demokratisieren will, ein Kaiser, der Bitcoin-Ästhetik propagiert, eine Onlinebrokerin, die ihr Geld in einer Nacht verprasst, zwei gescheiterte Tech-Bros, die zu Fröschen mutieren und alle zu ihrer neuen Kryptowährung verführen.

Und da ist der Mann im Mond, der geheimnisvolle Satoshi Nakamoto, der unter diesem Pseudonym 2008 die Kryptowährung tatsächlich erfunden hat, aber im Stück nun enttäuscht ist, was die Menschen daraus gemacht haben. Von oben beobachtet und kommentiert er, gottähnlich, das unglückliche Treiben auf der Erde.

Farbenprächtig

Regisseur Stefan Kasimir und Ausstatterin Caro Stark, beide Gründer des freien Ensembles Unpop, bringen diesen Stoff glitzernd und farbenprächtig auf die Bühne. Stark hat eine kleine Welt gebaut, wie in einer Schneekugel ohne Schnee präsentieren die Figuren im Halbrund vor und auf einer Showtreppe ihre Geschichten. Oben thront der Mann im leuchtenden Mond, der auch mal zum Halbmond wird.

Die Figuren sind jede in einer eigenen Farbe gekleidet, die Fischer in Marineblau, die elegante Drogendealerin in Pink, der Mann im Mond in nachtfunkelndes Schwarz. Doch mit dem schwungvollen Text und der bildstarken Ausstattung weiß Regisseur Kasimir nicht viel anzufangen. Vor allem wird erzählt, wenig gespielt. Zu brav wirkt seine Inszenierung, zu gleichförmig der Fluss der Geschichte.

Bei Natalie Baudy geht das Märchen von der neuen Währung und vom schnellen Reichtum übrigens nicht gut aus. Denn Märchen sind zu schön, um wahr zu sein. (Julia Nehmiz, 22.4.2024)