Karl Nehammer, Johannes Rauch
Sozialminister Rauch (recht) muss erklären, was mit Kanzler Nehammer nicht ging: Die ÖVP verhindert ein Comeback der Mindestsicherung und einen jährlichen Teuerungsausgleich für das Arbeitslosengeld.
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Die Entwarnung war voreilig. Laufend haben Regierungsvertreter behauptet, die Kaufkraft gesichert und die soziale Lage stabilisiert zu haben. Doch dem widersprechen nun Daten der Statistik Austria: Die Zahl der Menschen in Armut ist im Vorjahr um mehr als die Hälfte gestiegen.

Angesichts eines Anteils von 3,7 Prozent an der Bevölkerung sollte man allerdings nicht so tun, als hätten ÖVP und Grüne Österreich zum Armenhaus verkommen lassen. Die Preislawine rollte derartig wuchtig heran, dass es ohne soziale Folgen kaum abgehen konnte. Die Hilfspakete haben viel Leid abgewendet. Es wäre unfair, der Regierung mutwillig unterlassene Hilfeleistung zu unterstellen. Zumindest pauschal.

Unkonstruktive Rolle

In einzelnen Fragen ist der Vorwurf aber schon berechtigt. Angesprochen fühlen darf sich die ÖVP. Diese sperrt sich gegen ein Comeback einer anständigen Mindestsicherung, obwohl selbst der Sozialromantik unverdächtige Fachleute wie Fiskalrat-Chef Christoph Badelt danach rufen. Und die Kanzlerpartei ist es auch, die Arbeitslosen einen jährlichen Teuerungsausgleich verwehrt – mit der erwartbaren Folge, dass die Armutsquote in dieser Gruppe rasant emporgeschnellt ist.

Unkonstruktiv ist auch die Haltung in einer aktuellen Debatte. Ob Bürger einmal in Armut landen, wird nicht zuletzt an den Schulen entschieden. Dass diese in den Ballungszentren überfordert sind, ließ die ÖVP bisher weitgehend kalt: Mehr als ein vorwurfsvoller Fingerzeig auf das rote Wien kam nicht. (Gerald John, 25.4.2024)