Das Bild zeigt Amazon-Gründer Jeff Bezos
Amazon weist die Vorwürfe der Kartellaufsicht zurück: Die FTC verfüge über genügend Datenmaterial, um sich für diesen Fall ein Bild über die Entscheidungsfindung im Unternehmen machen zu können.
APA/AFP/MARK RALSTON

Die US-Kartellbehörde hat schwere Vorwürfe gegen den Amazon-Gründer Jeff Bezos und andere führende Unternehmensvertreter erhoben. Ihnen wird vorgeworfen, verschlüsseltes Messaging über die App Signal verwendet und Nachrichten gelöscht zu haben, um potenzielle Beweise in einem laufenden Kartellrechtsverfahren gegen den Onlinehändler zu verbergen.

Die Anschuldigungen sind lediglich Teil einer breiteren Untersuchung, in der die Federal Trade Commission (FTC) behauptet, dass Amazon seine marktbeherrschende Stellung im E-Commerce missbraucht habe. Amazon habe unter anderem Händler auf der eigenen Plattform unter Druck gesetzt und Konkurrenten ausgeschaltet, was letztlich zu höheren Preisen für Verbraucher geführt haben soll.

Bereits in ihrer ursprünglichen Beschwerde vom letzten Herbst hat die Kartellbehörde Amazon beschuldigt, Nachrichten in diesem Zusammenhang absichtlich gelöscht zu haben, wie die Washington Post berichtet. Nun fordert die FTC vor einem US-Bezirksgericht, dass das Unternehmen Dokumente über seinen Umgang mit Daten vorlegt und erklärt, warum offensichtlich so viele Daten gelöscht worden seien.

Signal-Nutzung lange bekannt

Im Juni 2019 ist Amazon von der FTC aufgefordert worden, die Kommunikation zu dokumentieren und aufzubewahren, weil das Unternehmen aufgrund möglicher unfairer Wettbewerbspraktiken untersucht werden könne. Amazon soll Gründer Bezos jedoch erst im April 2020 darüber informiert haben, während verschiedene Führungskräfte die Verwendung der Funktion für verschwindende Nachrichten sogar auch noch nach diesem Zeitpunkt fortsetzten.

Die Nutzung der App gab Amazon erst im März 2022 bekannt, kurz vor einer Veröffentlichung des Wall Street Journal. Auch wenn die Inhalte der gelöschten Nachrichten nicht wiederhergestellt werden können, zeige Signal laut FTC an, wenn jemand die Funktion für das automatische Löschen von Nachrichten ein- oder ausschaltet oder die Zeitdauer bis zur Löschung ändert. Das bedeutet, es gibt genügend Hinweise darauf, dass viele Führungskräfte bei Amazon diese Funktion zum Löschen von Nachrichten regelmäßig verwendet haben.

Amazon bestreitet Vorwürfe

Amazon-Sprecher Tim Doyle hat die Vorwürfe der Behörde als grundlos zurückgewiesen. Er erklärte, dass Amazon den begrenzten Einsatz von Signal durch die Mitarbeiter bereits vor Jahren freiwillig offengelegt habe. Auch habe man Signal-Konversationen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesammelt und der FTC erlaubt, die Inhalte zu überprüfen, selbst wenn diese nichts mit der Untersuchung zu tun hätten. Die FTC verfüge in diesem Fall über ein vollständiges Bild von Amazons Entscheidungsfindung – dafür stünden der Behörde mehr als 100 Terabyte Daten und 1,7 Millionen Dokumente aus Quellen wie E-Mails und internen Messaging-Anwendungen zur Verfügung.

Die Auseinandersetzung zeigt vor allem aber auch eines: die anhaltenden Spannungen zwischen großen Technologieunternehmen und Regulierungsbehörden, die zunehmend besorgt sind über die Macht, die diese Unternehmen ausüben – und über die Methoden, mit denen sie dorthin gekommen sind. (bbr, 29.4.2024)