Die ÖBB investieren fleißig: Allein 4,5 Milliarden Euro flossen heuer schon in die drei großen Bahntunnel (Semmering, Koralm und Semmering), andere Infrastruktur, rollendes Material und Instandhaltung. Für Letztere wurden 444 Millionen Euro aufgewendet. Die Bundesbahnen sind damit in Europa in guter Gesellschaft: Angetrieben von Förderprogrammen der Europäischen Union, dem Klimaschutz und der steigenden Nachfrage von Kundinnen und Kunden bauen viele Bahnunternehmen ihre Flotten, Verbindungen und Schienennetze aus.

Ein ÖBB-Railjet der neuen Generation am Bahnhof in Innsbruck: Die Bundesbahnen meldeten für 2023 einen Passagierrekord.
Ein ÖBB-Railjet der neuen Generation am Bahnhof in Innsbruck: Die Bundesbahnen meldeten für 2023 einen Passagierrekord.
APA/ÖBB/MAREK KNOPP

Das hat positive Auswirkungen auf die internationale Vernetzung der EU-Länder untereinander. Eine Entwicklung, die auch auf höchster europäische Ebene vorangetrieben wird. So gab die EU-Kommission Anfang letzten Jahres bekannt, dass in den nächsten Jahren zehn grenzüberschreitende Pilotstrecken gefördert werden sollen, darunter Schnellzugstrecken von Barcelona nach Südfrankreich und von Madrid nach Lissabon. Dazu zählen auch viele neue Nachtzugstrecken wie etwa die Verbindungen des privaten Bahnunternehmens European Sleeper zwischen Amsterdam und Barcelona, von Midnight-Trains zwischen Paris über Mailand nach Venedig oder die Route des schwedischen Bahnunternehmens Snälltåget von Berlin über Hamburg und Malmö nach Stockholm.

Europaweit sind die Schweizerinnen und Schweizer die fleißigsten Bahnfahrer. Im Bild die Rigi Bahn.
Europaweit sind die Schweizerinnen und Schweizer die fleißigsten Bahnfahrer. Im Bild die Rigi-Bahn.
Switzerland Tourism / Christian

Wie sich der Bahnverkehr in Europa insgesamt entwickelt, behält die "Independent Regulators' Group – Rail", der Dachverband europäischer Eisenbahnregulierungsbehörden, kurz IRG-Rail, im Auge. In ihr sind einschlägige Behörden aus 31 Ländern vertreten (in Österreich ist es die Schienen-Control GmbH). Im Jahresbericht für 2022, der heuer Ende April veröffentlicht wurde, heißt es, dass der Personenverkehr im Vorjahresvergleich um vier Prozent gewachsen ist. Das klingt gut. In der Berechnung muss allerdings die Corona-Pandemie berücksichtigt werden, wie man beim Reisereporter anmerkt. Denn 2019, im Jahr vor den pandemiebedingten Einschränkungen, war das Volumen des Personenverkehrs noch zwei Prozent größer als im beobachteten Zeitraum.

Frankreich belegt europaweit den zweiten Platz, EU-weit den ersten.
Frankreich belegt europaweit den zweiten Platz, EU-weit den ersten.
IMAGO/Vincent Isore

Es verwundert also nicht, dass sich die in Personenkilometern gemessene Nachfrage trotz guter Erholung (plus 52 Prozent gegenüber 2021) sogar zehn Prozent unter dem Niveau des Jahres 2019 befand. Während das Angebot in den vergangenen Jahren beinahe durchgehend aufrechterhalten wurde, habe sich die Nachfrage nach einem massiven Einbruch 2020 erst schrittweise wieder dem Vorkrisenniveau angenähert, heißt es dazu in einer Aussendung des Dachverbands.

Dennoch sind die Beobachtungen der IRG-Rail interessant: Sieht man doch, wie sich die Bahnnutzung in den einzelnen Ländern unterscheidet. Sämtliche teilnehmenden Behörden meldeten für das Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 einen deutlichen Anstieg des Personenverkehrs. Wie schon in den Jahren zuvor sind die Schweizerinnen und Schweizer die fleißigsten Bahnfahrer in Europa. Statistisch berechnet legte 2022 jede Einwohnerin und jeder Einwohner 2195 Kilometer mit der Bahn zurück.

Frankreich landet mit 1447 Bahnkilometern pro Einwohnerin und Einwohner auf Platz zwei. Die Bronzemedaille geht an Österreich: 2022 legte demnach jede Österreicherin und jeder Österreicher 1444 Kilometer mit dem Zug zurück. Zumindest statistisch. (Rechnet man nur mit den EU-Staaten alleine, ist das der zweite Stockerlplatz). Auf den weiteren Plätzen reiht sich Deutschland mit 1127 Bahnkilometern hinter den viertplatzierten Schwedinnen und Schweden mit 1232 Bahnkilometern auf Platz fünf ein.

Hier die Top 10 im Überblick:

Die neuesten Zahlen der ÖBB weisen für 2023 einen Rekord aus: 278,2 Millionen Menschen haben die Bundesbahnen im Vorjahr mit ihren Zügen transportiert. Zuwachs bei den Passagieren im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 gab es vor allem im Fernverkehr, heißt es. Hier habe das Klimaticket, das am 26. Oktober 2021 sein Debüt gab, Auswirkungen gezeigt. Die Fahrgastzahl im Nahverkehr änderte sich allerdings kaum.

Es ist gut möglich, dass Österreich im kommenden Bericht der IRG-Rail noch besser abschneidet. So wie 2019. Da wurde hierzulande eine Rekordzahl von 316,4 Millionen Bahnfahrerinnen und -fahrern erreicht und ein damit einhergehendes Wachstum der Personenkilometer von 0,8 Prozent. "Österreich erneut Bahnfahrland Nummer eins in der EU", lautete die Schlagzeile damals.

Weiteres Wachstum

Was die internationale Anbindung an das europäische Schienennetz betrifft, spielt Österreich auch vorne mit. Das hat vor allem mit der Größe des Landes zu tun. Denn die Statistik weist vor allem den kleinen Nationen eine gute internationale Anbindung aus. Luxemburg toppt dabei alle: 97 Prozent aller Anbindungen führen ins Ausland, Belgien kommt auf 93 Prozent. Dann kommen schon die Schweiz (74 Prozent), Slowenien (34 Prozent) und Österreich (elf Prozent). Bei der Gesamtzahl der Bahnkilometer aller Passagiere im Jahr 2022 wiederum liegen naturgemäß die bevölkerungsreichsten EU-Länder vorne. Die deutschen Passagiere legten 2022 insgesamt 95,1 Milliarden Zugkilometer zurück und liegen damit knapp vor Frankreich (95 Milliarden) auf Platz eins. Platz drei belegen die Italienerinnen und Italiener mit 45,3 Milliarden Zugkilometern.

Die ÖBB glauben jedenfalls an weiteres Wachstum, dabei sei das Streckennetz mit zuletzt 160 Millionen Zugkilometern schon das am drittstärksten ausgelastete in der EU, wie es vom Unternehmen heißt. Dennoch soll, auch dank Digitalisierung, noch ein Ausbau "in Richtung 200 Millionen Zugkilometer" folgen. Bestellt sind um gut sechs Milliarden Euro 330 neue Züge, das Platzangebot soll um 93.000 Sitze zulegen, zwei Drittel davon im Nahverkehr. (Markus Böhm, 8.5.2024)