Johannes Pressl bei einer Pressekonferenz, hinter Mikrofonen, an einem Tisch sitzend
Vertritt beim Bodenverbrauch einschränkungsunwillige Bürgermeister: Gemeindebund-PräsidentJohannes Pressl.
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"Wir müssen die Menschen mitnehmen", lautet eine beliebte Phrase heimischer Politiker, wenn es darum geht, die eigene Säumigkeit beim Umsetzen von Umweltschutzmaßnahmen zu entschuldigen. Spätestens seit der Vorwoche kann man ihnen, was Maßnahmen gegen den verheerend rasanten Bodenverbrauch in unserem Land betrifft, antworten: "Die Menschen sind schon längst da!"

Laut aktueller, von der Kronen Zeitung zitierter Market-Umfrage fürchten die Österreicherinnen und Österreicher die Folgen der Zubetonierung ihres Landes. Konkret sorgen sich 88 Prozent wegen der vom Bodenverbrauch ausgelösten "Zunahme von Überschwemmungsschäden", 82 Prozent wegen des "Aussterbens von Lebewesen" und 84 Prozent wegen der "Verschandelung des Landschaftsbildes". Als Gegenmaßnahme fordern satte 85 Prozent "eine verbindliche Begrenzung des Bodenverbrauchs auf 2,5 Hektar pro Tag". Dass ohne diese Begrenzung Artenvielfalt, Lebensmittelversorgung und Schutz vor Hochwasserschäden gefährdet sind, wird also von der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung erkannt.

Typisch österreichische Farce

Doch wie reagiert die Politik auf diese alarmierenden Zahlen? Zunächst einmal typisch österreichisch, mit einer Farce. Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl präsentierte das Ergebnis einer "Umfrage unter Bürgermeistern", wonach "70 Prozent der Ortschefs gegen eine Beschränkung des Verbrauchs auf 2,5 Hektar pro Tag" seien. Auf den ersten Blick wirkt das wie eine Umfrage unter Branntweinstubenbesitzern, die sich mehrheitlich gegen eine Promillegrenze für Autofahrer ausgesprochen hätten. Doch das Zustandekommen des Ergebnisses verdient nähere Betrachtung. Von den 2082 im Gemeindebund vertretenen Bürgermeistern haben nur 440, also knapp über 21 Prozent, bei der Befragung mitgemacht. 70 Prozent wären gegen eine verbindliche Beschränkung des Bodenverbrauchs gewesen, aber erstaunlicherweise noch mehr, nämlich 71,1 Prozent, hätten die derzeit geltenden Vorschriften bereits als zu streng befunden. Daraus ist zu schließen, dass zumindest 1,1 Prozent der Befragten von den Fragestellungen intellektuell überfordert waren.

Auf jeden Fall haben sich nicht einmal 15 Prozent der heimischen Bürgermeister gegen die 2,5-Hektar-pro-Tag-Beschränkung ausgesprochen. Eine Zahl, die wiederum perfekt zur 85-Prozent-Mehrheitsmeinung der Bevölkerung zu diesem Thema passt.

"Markus-Achleitner-Land"

Demokratie bedeutet aber auch Minderheitenschutz. Deshalb sollten wir überlegen, was wir den einschränkungsunwilligen Bürgermeistern, die sich nun als Meister ohne Bürger erkennen müssen, anbieten. Unlängst wurde publik, dass auf willhaben.at Grundstücke angeboten werden, die sich auf der, im Zuge des vermutlich größten Umweltskandals der Zweiten Republik in Ohlsdorf gerodeten, 19-Hektar-Fläche eines ehemaligen Waldes befinden. Das wäre der ideale Ort für die Errichtung von "Markus-Achleitner-Land" – ein History-Park, benannt nach dem für diese Waldzerstörung verantwortlichen und gegen Begrenzung des Bodenfraßes kämpfenden oberösterreichischen Landesrats. Dort könnten Lokal- und Landespolitiker künftig ihre Umwidmungs- und Betonfantasien ungestört ausleben, während im Rest des Landes die 2,5-Hektar-pro-Tag-Beschränkung endlich eingeführt wird. (Florian Scheuba, 22.5.2024)