Person sitzt vor einem Auto auf der Straße
Protestaktion der Letzten Generation.
IMAGO/Andreas Stroh

Wien – Für Klimaproteste der Letzten Generation sind erstmals sogenannte Primärstrafen verhängt worden, berichtete deren Sprecherin Marina Hagen-Canaval am Mittwoch. Primärarreste sind Gefängnisstrafen ohne vorherigen Gerichtsprozess. Dies ist die schwerste Strafart im Verwaltungsstrafrecht, in deren Vollzug die Betroffenen einige Tage in Haft verbringen sollen. Dagegen wurde jedoch bereits Beschwerde eingelegt.

Die Letzte Generation spricht von einer neuen Taktik der Behörden, mit der diese seit Februar deren Proteste beenden wollten, indem direkt Gefängnis- anstatt Geldstrafen verhängt werden. "Man will uns mit unmittelbarem Freiheitsentzug davon abhalten, auf die unangenehme Wahrheit der Klimakatastrophe aufmerksam zu machen", sagte Sprecherin Anna Freund.

Primärarrest

Gegen eine Person in Graz wurden laut Hagen-Canaval drei Tage für Störung der öffentlichen Ordnung sowie sechs für das Nichtverlassen einer Versammlung verhängt, in Wien waren es für drei Betroffene zehn bzw. 14 Tage – jeweils durch die Landespolizeidirektionen. Eine davon ist die Grafikdesignerin Stephanie Koch: "Für den letzten Protest wurde mir eine Freiheitsstrafe von zehn Tagen auferlegt." Laut behördlicher Begründung würde sie "Unwillen zeigen", sich an geltendes Recht zu halten.

In der steirischen Landeshauptstadt wurde bisher bei einer Person ein Primärarrest verhängt, bestätigte Polizeisprecher Fritz Grundnig. Das geschah, weil die Person schon öfter dasselbe Delikt begangen und die bisher verhängten Geldstrafen keine Wirkung gezeigt hätten. Zudem sei von weiterem derartigem Verhalten auszugehen gewesen. Ein Primärarrest werde jedenfalls nur nach einer Einzelfallprüfung verhängt und könne theoretisch auch bei jeder anderen Verwaltungsübertretung ausgesprochen werden, wenn Geldstrafen keine Wirkung zeigten.

"Ist es wirklich verhältnismäßig, Menschen, die für den Erhalt der Lebensgrundlagen aller Österreicher:innen protestieren, ohne richterliche Anhörung wegsperren?", so Sprecherin Anna Freund. Sie forderte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) auf, Klimaschutz als Verfassungsrecht zu verankern – "und wir stellen unsere Proteste sofort ein". (APA, 22.5.2024)