Irans Präsident Ebrahim Raisi ist am Sonntag nahe der Grenze zwischen seinem Staat und Aserbaidschan tödlich verunglückt. Offenbar krachte sein Hubschrauber, eine alte Bell 212 aus der Schah-Ära, gegen ein Bergmassiv. Vor etwas mehr als vier Jahren kam der US-Basketballer Kobe Bryant auch in einem Helikopter um – das Luftfahrzeug zerschellte in der Nähe von Los Angeles an einem Hügel. Auch die Milliardäre Vichai Srivaddhanaprabha aus Thailand und Petr Kellner aus Tschechien ließen in Hubschraubern ihr Leben. Sind die Drehflügler also unsichere Verkehrsmittel?
"Nein, Hubschrauber sind in technischer Hinsicht sicher", sagt dazu Wolfgang Luttenberger, Kommandant der Luftunterstützung des Bundesheers und Herr über Österreichs Militärhubschrauber. "Zum Teil sind sogar Triebwerke von Propellerflugzeugen und Hubschraubern ident." Brigadier Luttenberger sieht bei der technischen Sicherheit allerdings eine Einschränkung: "Es kommt natürlich ein bisschen auf die Bauart und die Generation an."
Missionen in riskanten Zonen
Auch die Statistiken bescheinigen Hubschraubern eine hohe Verlässlichkeit. Im Jahr 2022 habe es in den EU-Staaten sowie der Schweiz, Norwegen und Island 47 Helikopterunfälle, davon zehn mit tödlicher Folge, gegeben, berichtet die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA). Auf Kilometer gerechnet sind Helikopter dennoch weniger sicher als Flugzeuge mit ihren starren Auftriebsflächen.
"Natürlich ist jeder Unfall einer zu viel", aber man müsse berücksichtigen, dass Hubschrauber zum Schutz und zur Versorgung von Menschen in Situationen unterwegs seien, "die im Vergleich mit anderen Transportmitteln viel riskanter sind", sagte EASA-Funktionär John Franklin vor vier Jahren. Das sieht auch Luttenberger so: "Wenn man es militärisch ausdrücken möchte, ist das Umfeld eines Hubschraubers feindlicher als jenes eines Flugzeugs." So fliegen Helikopter etwa Missionen in der Bergrettung oder Löscheinsätze bei Waldbränden.
Faktor Mensch
Im Militär, etwa beim Leonardo AW-169 des Heers, können Piloten schon auf Hightech-Navigationshilfen, ähnlich jenen von Linienflugzeugen, zurückgreifen. In der privaten Fliegerei freilich nicht. "Faktoren für Unfälle sind mangelhaftes Gerät oder mangelhafte Erfahrung der Piloten oder bestimmte Wetterbedingungen – manchmal auch alles zusammen", erzählt Georg Mader, Experte für Militärluftfahrt. Nebel dürfte auch zumindest einer der Gründe für Raisis Absturz gewesen sein, ein Vertreter des Roten Halbmonds sprach bei der Suche von "widrigen Wetterbedingungen".
Selbst in der professionellen Hubschrauberfliegerei lägen "90 Prozent der Abstürze an menschlichem Versagen, auch wenn ich den Begriff ungern verwende", sagt Brigadier Luttenberger. Der Auslöser sei zunächst oft ein lösbares technisches Problem, "und mit der Stresssituation und den vielen technischen Informationen kommt dann der menschliche Faktor dazu".
Ein Helikopter fliegt, indem die Kraft seines Triebwerks auf einen waagrechten Rotor übertragen wird. Zur Ehrenrettung des Hubschraubers seien kurz seine Vorteile aufgezählt.
Vorteile von Hubschraubern
Nachteile von Hubschraubern
Um das Geschwindigkeitsmanko zu beheben, haben Rüstungskonzerne sogenannte Wandelflugzeuge mit Kipprotor entwickelt – eine Kombination aus Helikopter und Flugzeug. So kann senkrecht gestartet und schneller geflogen werden. Klassische Hubschrauber werde es trotzdem noch lange geben, sagt Luttenberger.
Traum vom Flugauto
Start-ups tüfteln auch an VTOL-Lösungen ("vertical take-off and landing"), also an Flugzeugen und Drohnen, die vertikal abheben. In Deutschland arbeitet die Volocopter GmbH an einem elektrischen VTOL-Flugtaxi. Neu sei das Prinzip nicht, sagt Luttenberger und verweist auf die senkrecht startende Harrier des britischen Militärs: "Im militärischen Bereich wird das ein Nischenprodukt bleiben, weil es unglaublich komplex und teuer ist." Und ein E-Helikopter? "Da muss sich noch viel entwickeln in der Akkutechnologie", sagt Luttenberger.
Was es bereits gibt, sind gekapselte Heckrotoren, etwa beim Airbus-H135. Für Personen auf dem Boden sind diese sicherer. "Vielleicht", sagt Militärexperte Mader, "schafft man es eines Tages, alle Rotoren zu ummanteln – so wie im Film Avatar." (Lukas Kapeller, 24.5.2024)