Die mutmaßlichen Pläne für den Anschlag auf den Wiener Stephansdom wurden kurz vor Weihnachten bekannt.
APA/MAX SLOVENCIK

Wien/Köln – Im Zusammenhang mit den angeblichen Plänen für einen Anschlag auf den Stephansdom und den Kölner Dom, die vor Weihnachten zu Festnahmen mehrerer Terrorverdächtiger in Wien und in Deutschland geführt hatten, ist gegen die vier Hauptverdächtigen am Donnerstagvormittag auf Anordnung der Staatsanwaltschaft die U-Haft aufgehoben worden. Das bestätigte die Sprecherin des Landesgerichts Wien, Christina Salzborn, der APA. Die vier Beschuldigten befinden sich jedoch nicht auf freiem Fuß.

Wie Judith Ziska, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, der APA mitteilte, wurde das Quartett – drei Männer und eine Frau – in Absprache mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) direkt in Schub- bzw. Verwahrungshaft überstellt. Die U-Haft sei deshalb aufgehoben worden, weil die Anklagebehörde nicht mehr von dringendem Tatverdacht ausgehe. "Aber selbstverständlich wird weiter wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ermittelt", betonte Ziska. Zunächst hatte Puls 24 darüber berichtet.

Seit mehreren Monaten hatten sich die vier Beschuldigten – ein in Deutschland gemeldeter 30-jähriger Tadschike, ein 28-jähriger Tadschike, dessen 27-jährige, aus der Türkei stammende Ehefrau und ein 40-Jähriger aus Dagestan – in U-Haft befunden. Gegen die vier und drei weitere Beschuldigte wird von der Staatsanwaltschaft wegen terroristischer Vereinigung (§ 278b StGB) in Verbindung mit terroristischen Straftaten (§ 278c StGB) ermittelt.

Verdacht auf Bildung einer Terrorzelle

Es besteht der Verdacht, diese könnten eine Terrorzelle der radikalislamischen Gruppe "Islamischer Staat Provinz Khorasan" (ISPK) gebildet haben. Allerdings waren zuletzt Grabungen nach einem möglichen ISPK-Waffenlager in einem Waldstück bei Sieghartskirchen (Bezirk Tulln) und in einer Schlucht in Hinterbrühl (Bezirk Mödling) erfolglos verlaufen. Es konnten nur Blechteile und Draht, aber kein die Verdachtslage stützendes Beweismaterial gefunden werden.

"Nach den Grabungsarbeiten wurde die Beweislage neu bewertet", teilte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft mit. Dazu sei man bei einem laufenden Ermittlungsverfahren verpflichtet. "Aus unserer Sicht reicht die Beweislage derzeit nicht aus, um weiter den dringenden Tatverdacht aufrechtzuerhalten", sagte Ziska.

Der nunmehr auf freien Fuß gesetzte 30-jährige Tadschike war auf Basis eines Europäischen Haftbefehls am 24. Dezember 2023 im deutschen Wesel am Niederrhein festgenommen worden. Er wurde an die Wiener Justiz ausgeliefert. Gesichert ist, dass er im Jahr 2018 in seiner Heimat wegen terroristischer Aktivitäten zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

In Wien wurde er Ende des Vorjahrs dabei observiert, wie er den Stephansdom in einer für Touristen untypischen Weise filmte, auf Überwachungskameras überprüfte und das Gemäuer abklopfte. Er soll obendrein Fotos und Videoaufnahmen vom Prater – womöglich ein weiteres Anschlagsziel der ISPK-Zelle – angefertigt haben. Er dürfte aber nicht nur terroristische Absichten verfolgt haben: Mittlerweile konnte auch erhoben werden, dass er im Oktober und November 2023 mit einer Kontaktperson mindestens fünf Telefonate führte, in denen von einem Raubüberfall, einer erpresserischen Entführung und einem Mord gegen Entgelt die Rede war. (APA, 23.5.2024)