Das Bild zeigt alte Profilbilder fingierter Accounts von Marlene Engelhorn
Marlene Engelhorn verfügt selbst über gar keine persönlichen Social-Media-Accounts: Trotzdem musste sie zum Beispiel auf Facebook gegen dutzende Fake-Profile wie diese ankämpfen.
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Sind Sie auch mit Marlene Engelhorn befreundet? Auf Facebook vielleicht? Mit welcher denn? Im Ernst: Die Chance, spontan die Freundschaftsanfrage eines Millionärs zu erhalten, mag auf Social Media nicht ausgeschlossen sein. Sie ist in der Regel aber ähnlich glaubwürdig einzustufen wie das Versprechen eines nigerianischen Prinzen, an dessen Erbschaftsanteil beteiligt zu werden. In beiden Fällen handelt es sich um einen Scam, bei dem Kriminelle mit gefälschter Identität versuchen, Opfer zu einer Vorleistung zu bewegen. Im Gegenzug wird ihnen hoher Profit versprochen – zu dem es nie kommt.

Das Beispiel Marlene Engelhorn ist nicht zufällig gewählt. Die österreichische Aktivistin und Millionenerbin kämpft in letzter Zeit wieder verstärkt dagegen an, dass ihr prominenter Name im Internet missbraucht wird. Einerseits sind E-Mails im Umlauf, die sie fälschlicherweise als Absenderin ausweisen, wie Mimikama bereits im April berichtete. Diese E-Mails ködern mit dem Versprechen, "aufstrebende Unternehmer und lokale Projekte" finanziell aus ihrem Erbe zu unterstützen. Man kann es sich schon denken: Tatsächlich handelt es sich aber um betrügerische Absichten, die das Ziel verfolgen, von den Empfängern Geld zu erschleichen.

Nur Fälschungen, es gibt kein Original

Andererseits ist Engelhorn aber vor allem mit der Problematik konfrontiert, dass unter ihrem Namen seit etwa zwei Jahren dutzende gefälschte Accounts auf Tiktok, Facebook und Instagram aufgetaucht sind. Gegenüber dem STANDARD erklärt sie, dass diese Informationen regelmäßig an sie herangetragen worden seien und ihr Social-Media-Team aktiv versuche, diese Accounts zu melden und löschen zu lassen.

Trotz der Bemühungen ist die Anzahl der Fake-Accounts mittlerweile aber so groß geworden, dass es zunehmend schwierig wurde, mit der Löschung Schritt zu halten. Eine besondere Ironie an der Sache: Engelhorn selbst hat gar keinen persönlichen Social-Media-Account und tritt ausschließlich über entsprechende Kanäle im Rahmen ihrer Arbeit an die Öffentlichkeit.

Detaillierte Informationen über die Absichten hinter diesen Fake-Accounts liegen Engelhorn nicht vor. Während einige dieser Konten offenbar nur ziellos im Netz "wabern" würden, seien andere speziell darauf ausgelegt, Geld von gutgläubigen Menschen zu erschleichen, die einem falschen Spendenaufruf folgen. Dies betrachtet Engelhorn als besonders problematisch, da hierdurch nicht nur ihr Recht, sondern eben auch das Wohl anderer Menschen verletzt wird.

Mühsames Ringen mit Meta

Frustriert zeigt sich Engelhorn gegenüber dem STANDARD über die ununterbrochene Entstehung neuer Fake-Account, sie hofft auf eine effektivere Lösung, um ihrem Namen und ihrer Integrität in den sozialen Medien Schutz zu bieten. In einer ersten Reaktion auf die Situation hat Engelhorn anfangs versucht, mit den Plattformen direkt in Kontakt zu treten, um die Löschung der Fake-Accounts zu erreichen. Der Erfolg blieb allerdings überschaubar, auch weil die technischen Meldeprozesse auf den Plattformen, insbesondere bei Meta, umständlich und fehleranfällig seien.

Seit März dieses Jahres greift Engelhorn zu deutlicheren Mitteln. Im Kampf gegen die schädlichen Fake-Profile hat sie die Anwaltskanzlei CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH eingeschaltet. Jurist Hans Lederer und sein Team haben daraufhin direkt mit den betroffenen Plattformen Kontakt aufgenommen. Die Prozesse und nicht zuletzt die Erfolge variieren jedoch stark zwischen den verschiedenen Diensten, wie er im Gespräch mit dem STANDARD verrät. Trotz der Herausforderungen konnte man bei Tiktok bereits einen Teilerfolg erzielen – dort ist es bereits gelungen, alle bekannten falschen Profile Engelhorns entfernen zu lassen.

Bei den Meta-Plattformen Instagram und Facebook gestalte sich der Prozess schwieriger. Es konnten zwar einige der falschen Profile gelöscht werden, allerdings seien immer noch welche aktiv. Lederer kritisiert in diesem Zusammenhang die unausgereiften technischen Prozesse dieser Plattformen: "Instagram und Facebook führen einen recht ähnlichen automatisierten Check durch, der nicht so funktioniert, wie er sollte – das verhindert in vielen Fällen schon, dass die Meldung überhaupt eingereicht wird." Für Betroffene, die sich nicht regelmäßig damit auseinandersetzen, seien die internen Systeme zur Meldung solcher Probleme zudem unübersichtlich.

Zu langsame Prozesse

Dass der Gesetzgeber zu wenig tue, um die Plattformen stärker in die Pflicht zu nehmen, glaubt Lederer nicht. Dass das Erstellen falscher Konten oft einfacher ist als deren Löschung, sei eher ein Paradoxon, weil entsprechende Plattformen möglicherweise nicht ausreichend ausgestattet und personell nicht adäquat aufgestellt seien, um solche Themen rasch zu bearbeiten. "Natürlich wäre es wünschenswert, wenn die vorhandenen Prozesse verlässlicher und schneller funktionieren würden, als sie es teilweise jetzt tun. Schließlich ärgert es nicht nur die Betroffenen, es steht auch ein Rechtsverstoß dahinter", gibt Lederer zu bedenken. Eine diesbezügliche Anfrage des STANDARD an Meta blieb bislang noch unbeantwortet.

Schließlich rät der Anwalt Personen, die ebenfalls gegen Fake-Profile ankämpfen, zunächst die internen Meldeformulare der Plattformen zu nutzen. Ergänzend empfiehlt er, Beschwerdeverfahren über die heimische Rundfunk- und Telekom-Regulierungsbehörde (RTR) einzureichen: Sie unterhält direkte Verbindungen zu den großen Social-Media-Plattformen und verspricht in solchen Fällen auch Zugang zu Schlichtung. Um eine lange Bearbeitungszeit scheint man aber nicht herumzukommen – auch im Fall Engelhorn werde sich vermutlich erst in den nächsten Monaten zeigen, wie effizient diese Verfahren bei der Löschung der letzten verbliebenen Fake-Profile sind. (Benjamin Brandtner, 24.5.2024)