Lukas Sternath
Johannes Niesel-Reghenzani

Die Absage des einen ist das Einspringerglück des anderen. Nachdem Lahav Shani seinen Auftritt als Pianistendirigent mit den Wiener Symphonikern kurzfristig gestrichen hatte, lächelte am Donnerstag ein Jungspund vom Konzertflügel – nämlich Lukas Sternath. Der Wiener hat in seinen 23 Lebensjahren bereits etliche Wettbewerbstrophäen ergattert; nächste Saison tourt er als "Rising Star" durch die Konzertsäle Europas.

Die Lorbeeren kommen nicht von ungefähr, wie Mozarts A-Dur-Konzert KV 488 belegt: Vor allem im Kopfsatz besitzt Sternaths Spiel eine ähnlich belebende Wirkung wie Pfefferminze. Schnörkellos und leichtgängig ist sein Ton, makellos und souverän die Technik, die raschen Läufen die Anmutung einer Perlenkette verleiht und der Kadenz von Ferruccio Busoni einen nachgerade mühelosen Sound. Kurzum: ein Vergnügen, dieser Mozart, auch orchestral. Trotz kleiner Tempowackler: Im Verbund mit Dirigent Cornelius Meister gestalten die Symphoniker das Werk so leicht, luftig und süß wie Zuckerwatte.

Zwiespältige Solozugabe

Sternaths Jugend erweist sich lediglich in der Solozugabe als zwiespältig. So klangschön er Brahms' Intermezzo op. 118/2 strömen lässt: Diese Sehnsuchtsmusik benötigt wesentlich mehr gestalterisches Raffinement, um ihre Reize zu entfalten – nachzuhören bei Tastengott Grigory Sokolov.

Nach der Pause dann der Wechsel in die musikalische Schwergewichtsklasse der Romantik. Zwar drohen in den langsamen Passagen von Anton Bruckners Fünfter Symphonie immer wieder Spannungsbögen zu reißen, zwar fehlt es den 75 Minuten insgesamt an magischem Klangfarbenspiel. Dafür entschädigen Glanzmomente: schön etwa, wenn immer wieder eine milde Brise Landluft zwischen die harten Scherzo-Rhythmen fährt; überwältigend schlussendlich, wenn die fugierten Einzelstimmen im Finale auf einen Choral von stählerner Härte und strahlender Kraft zustreben. Bravo-Rufe, vor allem dafür. (Christoph Irrgeher, 24.5.2024)