Jugendlicher auf einem Spielplatz
Politische Weltlage und Klimakrise belasten.
Foto: Imago / Thomas Eisenhuth

Vor ein paar Tagen hielt ich einen kurzen Impulsvortrag vor Jugendlichen in Vorarlberg. Die Veranstaltung stand im Zusammenhang mit den anstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament. Im Anschluss diskutierten die anderen Rednerinnen und ich mit dem Publikum. Die Stimmung erschien mir gedrückt. Eine Schülerin brachte sie mit ihrer Frage auf den Punkt: "Wie soll ich angesichts der politischen Weltlage und der ökologischen Krisen überhaupt noch Hoffnung schöpfen?" Darauf hatte ich auch keine schlüssige Antwort und kam in Verlegenheit. Ich empfahl, Freundschaften mehr Aufmerksamkeit zu schenken. In Beziehung mit anderen Menschen gelingt es leichter, neue Landkarten für die Zukunft zu zeichnen und andere Perspektiven zu erkunden. Die Jugendlichen sollten auch herausfinden, was sie politisch wütend macht – und aus dieser Wut heraus aktiv werden. Wut, meinte ich, kann uns zum Handeln bringen, Hass hingegen macht uns blind. Ich erzählte von Künstlerinnen und Aktivisten und deren kreativen Aktionen.

Doch waren diese Versuche, eine Antwort zu geben, überhaupt hilfreich für die jungen Leute? Die Verunsicherung scheint groß, das verwundert mich nicht. Die Pandemie hat stark an uns gezehrt, kaum war sie im Abklingen, begann der Krieg Russlands gegen die Ukraine, und seit letztem Jahr werden weltweit jeden Monat neue Temperaturrekorde gebrochen. In unser Leben drängen sich immer öfter Bilder, die sich mit der scheinbaren Normalität unseres Alltags nicht mehr vereinbaren lassen: Vergangene Woche saß ich in einer Wiener Straßenbahn, und der Infoscreen zeigte erschöpfte Brüllaffen in Mexiko-Stadt. Sie stürzen dort wegen der großen Hitze von über 45 Grad von den Bäumen. Ein Gefühl der Dissonanz machte sich in mir breit, die Dinge scheinen nicht mehr zusammenzupassen.

Offenes Gespräch

Ich fand es mutig von der Schülerin, ihre Hoffnungslosigkeit und vielleicht auch Verzweiflung so ehrlich anzusprechen. Vielen Erwachsenen fällt das schwer. Je dramatischer die Lage, desto mehr driften viele von uns in die Beschäftigung mit Belanglosem ab oder werden zynisch. Einige verfallen in Panik. Klimaangst ist mittlerweile ein Thema, mit dem sich Ratgeberbücher und Psychologen gleichermaßen beschäftigen. Es gibt Online-Prepper-Seminare und Survival-Kurse, in denen das Anlegen von Notvorräten gelehrt wird. Aber der Verlust von Biodiversität und die Erderhitzung lassen sich weder wegtherapieren, noch hilft es, Bunker zu bauen oder Dosen zu horten.

Könnte das ehrliche Benennen der eigenen Hoffnungslosigkeit einen Ausweg bieten? Dabei sollten wir nicht allein bleiben. Wie wäre es, wenn wir enge Freunde oder Familie zu einem offenen Gespräch einladen? Dabei könnten wir die eigene Verunsicherung als kollektives Problem erkennen, um so vielleicht gemeinsam ins Handeln zu kommen. Denn wenn die Dinge ins Wanken geraten, gibt es plötzlich auch neue Möglichkeiten der positiven Veränderung. Komplexe Systeme wie unsere Gesellschaft verändern sich nicht linear. Kleine Ereignisse können eine große Wirkung haben. Gerade in Krisenzeiten, wenn die alten Strukturen bröckeln, öffnen sich neue Möglichkeitsräume. (Philippe Narval, 27.5.2024)