Über die Möglichkeiten, Hochschulen nach unternehmerischen Prinzipien zu führen, diskutierte eine erfahrene Expertenrunde im Karrierenforum.

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Ada Pellert, Vizerektorin für Lehre und Weiterbildung an der Donau- Universität Krems.

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Christiane Spiel leitet das Institut für Wirtschaftspsychologie, Bildungspsychologie und Evaluation an der Uni Wien.

Barbara Sporn, Vizerektorin für Forschung, Internationales und External Relations der Wirtschaftsuniversität Wien.

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Gerhard Riemer ist Bereichsleiter für Bildung, Innovation und Forschung der Industriellenvereinigung.

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Gernot Kohl ist seit mittlerweile drei Jahren Geschäftsführer der Fachhochschule St. Pölten.

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Barbara Sporn: "Ein Präsident einer amerikanischen Universität tut intern gar nichts, sondern er betreibt Fundraising." Im Bild die Harvard University.

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Hochschulen erfolgreich managen: Eine Aufgabe, der man sich verschiedenartig nähern kann. Ob Unis und FHs nun gleich als Unternehmen gesehen, respektive so geführt werden sollen, darüber gehen die Meinungen der Experten auseinander. Fünf Fachleute aus dem Bereich Bildung und Forschung fanden sich zum aktuellen Karrierenforum ein, um das Thema zu erörtern. Die Diskussion wurde geleitet von KarrierenStandard-Redakteurin Heidi Aichinger.

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Eingeladen waren Ada Pellert, Vizerektorin für Lehre und Weiterbildung der Donau-Uni, die WU-Vizerektorin für Forschung, Internationales und External Relations, Barbara Sporn, die Leiterin des Instituts für Wirtschaftspsychologie, Bildungspsychologie und Evaluation der Uni Wien, Christiane Spiel, sowie Gerhard Riemer, Bereichsleiter für Bildung, Innovation und Forschung der Industriellenvereinigung, und der Geschäftsführer der FH St. Pölten, Gernot Kohl. Das Prinzip "trial and error" wäre ? wie überhaupt im Management ? bei den Hochschulen absolut fehl am Platz, stellte Ada Pellert fest. Dennoch sei es eine Tatsache, dass "die systematische Begleitung" der laufenden Veränderungsprozesse, also die nötige Professionalität des Managements, hier ganz einfach fehle.

Die Möglichkeit zur entsprechenden Weiterbildung, wie sie die Donau-Uni in zwei Lehrgängen zum "Hochschul- und Wissenschaftsmanagement" führt, wird seit 2006 auch mit einer speziellen Ausschreibung beworben.

Dienstleister

Im Vorjahr ging der erste Preis für gelungenes Hochschulmanagement an das vierköpfige Team um Christiane Spiel. Unter dem Projekttitel "Aufbau einer neuen Fakultät im Rahmen des UG 2002" wurde die Neuorganisation der psychologischen Fakultät der Uni Wien ausgezeichnet. Eine Universitätsreform, wie sie 2002 im entsprechenden Gesetz festgeschrieben worden ist, betreffe nicht nur die Leitung der Institute und Fakultäten, machte Spiel gleich klar, sondern auch die anderen Universitätsmitglieder, sowie das Umfeld der Uni. Damit das Management der nun freieren Hochschulen klappe, müssen deren Verwalter zuerst lernen, sich als Dienstleister zu sehen. "Das ist noch nicht in den Köpfen."

Die Wissenschafter fühlten sich jetzt oft "in ihrer Freiheit bedroht", weiß Spiel. "Dabei bezieht sich die ?Freiheit der Lehre? darauf, dass man keine fremde Lehrmeinung aufgedrängt bekommt." Vor allem müssten alle Zweifel daran beseitigt werden, dass das Management einer Hochschule sich weiterhin vom rein gewinnorientierten Wirtschaftsbetrieb unterscheide. Allerdings könnten Hochschulen ? die auch nach Gerhard Riemers Ansicht Dienstleistungsinstitutionen sind ? "nach unternehmerischen Gesichtspunkten geführt werden". Immerhin stünden sie im "Wettbewerb um die besten Köpfe", sowohl in der Lehre als auch bei den Studenten.

Gewissenskonflikt

Um einem möglichen Gewissenskonflikt der Hochschulleiter vorzubeugen, die sich mitunter zwischen dem Anspruch der reinen Lehre und den Mechanismen des freien Markts hin und her gerissen fühlen, könnte sich Riemer die Aufteilung der Agenden auf einen wirtschaftlichen sowie einen wissenschaftlichen Rektor vorstellen. Ersterer wäre der "professionelle Manager einer Unternehmensuniversität" und müsste über ein berufliches Vorwissen in Marketing, Logistik und Rechnungswesen verfügen. Als zweite Möglichkeit, so Riemer, könnten natürlich Angehörige der Hochschulen, "die das gerne machen würden, gezielt dahin ausgebildet werden". Wobei er "nicht unbedingt die tollsten Wissenschafter dahin drängen würde" ? schließlich sei auch der beste Arzt nicht gleich der beste Krankenhausmanager. Auf jeden Fall "kann man das nicht einfach so nebenbei lernen". Dem widersprach Spiel aufgrund eindeutiger Ergebnisse der Bildungsforschung vehement: Häufiger als Personen, die eindeutige Spezialisierungen aufweisen, seien solche, die entweder "überall oder nirgends aktiv" sind. Nach Riemers Ansicht spielten aber auch persönliche Faktoren eine große Rolle bei der Eignung:

"Ich glaube nicht, dass ein 30-jähriger toller Wissenschafter automatisch eine Hochschule erfolgreich lenken kann."

Die Fachhochschulen hätten rechtlich sicher einige Freiheiten gegenüber den Universitäten, brachte Gernot Kohl ein. So ginge man bei der Besetzung von Posten eindeutig "wie ein Wirtschaftsunternehmen vor". Gute Erfahrungen habe man auch mit "gemeinsamen Klausuren" für die Leute aus Wissenschaft und Management gemacht, sowie mit externer Beratung, "der man sich gerade als Hochschule nicht verwehren darf".

Studentenberatung als Managementaufgabe

Barbara Sporn warf die Frage in den Raum, wann denn eine Hochschule unternehmerisch, wann als Service-Anbieter und wann als wissenschaftliche Hochburg zu sehen ist. "An US-Unis gibt es typischerweise für die Studentenberatung und -betreuung eine Managementabteilung mit mindestens 20 Mitarbeitern." Spiel dazu: "Das bauen wir gerade auf."

Jedenfalls werde der Verwaltungsaufwand an den heimischen Hochschulen immer größer, nahm Sporn, die ihre Forschungstätigkeit auch selbst zugunsten ihrer Managementaufgaben zurück schraubte, eine frühere Meldung Spiels auf. Unternehmerisches Denken sei "auf allen Ebenen zu etablieren". Die Studierenden, die Professoren und alle anderen Universitätsangehörigen müsse man dabei mitnehmen: "Genau das ist die große Herausforderung."

Vorausschauendes Hochschulmanagement heißt nach Kohl, etwa bei der Auswahl von Studierenden bereits zu beachten, dass diese bei entsprechendem beruflichem Erfolg nach Abschluss auch als "potenzielle Sponsoren" zu betrachten wären. Umso bedeutender sei die Frage, welche 20 man aus dem Bewerberpool von bis zu 500 für einen Studiengang wähle.

"Aber was ist, wenn sie die 500 alle nehmen müssen?", fragte Spiel und machte damit klar, dass für die Situation der Universitäten ein weitaus aufwändigeres Management nötig sei als für die Fachhochschulen. Allein die psychologische Fakultät in Wien habe pro Semester "1600 bis 2000 Interessenten, aus denen wir dann 600 auswählen müssen".

Schlussendlich hänge die Frage des erfolgreichen Hochschulmanagements ganz einfach an Leuten, "für die die Weiterentwicklung der persönliche Hauptfokus ist", machte Pellert klar, dass das keine Aufgabe ist, die nebenbei zu erfüllen sei. An der Donau-Uni, "die sich großteils selbst finanziert", müssten die Rektoren z.B. "gut darin sein, Drittmittel zu akquirieren".

Dazu und bezüglich einer möglichen externen und internen Aufgabenverteilung in den Führungsriegen nahm Sporn noch einmal Beispiel am US-System: "Ein Präsident einer amerikanischen Universität tut intern gar nichts, sondern er betreibt Fundraising." (Bernhard Madlener/DER STANDARD-Printausgabe, 18./19. August 2007)