Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Artikel 57

(1) Die Mitglieder des Nationalrates dürfen wegen der in Ausübung ihres Berufes geschehenen Abstimmungen niemals, wegen der in diesem Beruf gemachten mündlichen oder schriftlichen Äußerungen nur vom Nationalrat verantwortlich gemacht werden.

(2) Die Mitglieder des Nationalrates dürfen wegen einer strafbaren Handlung - den Fall der Ergreifung auf frischer Tat bei Verübung eines Verbrechens ausgenommen - nur mit Zustimmung des Nationalrates verhaftet werden. Desgleichen bedürfen Hausdurchsuchungen bei Mitgliedern des Nationalrates der Zustimmung des Nationalrates.

(3) Ansonsten dürfen Mitglieder des Nationalrates ohne Zustimmung des Nationalrates wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten steht. Die Behörde hat jedoch eine Entscheidung des Nationalrates über das Vorliegen eines solchen Zusammenhanges einzuholen, wenn dies der betreffende Abgeordnete oder ein Drittel der Mitglieder des mit diesen Angelegenheiten betrauten ständigen Ausschusses verlangt. Im Falle eines solchen Verlangens hat jede behördliche Verfolgungshandlung sofort zu unterbleiben oder ist eine solche abzubrechen.

(4) Die Zustimmung des Nationalrates gilt in allen diesen Fällen als erteilt, wenn der Nationalrat über ein entsprechendes Ersuchen der zur Verfolgung berufenen Behörde nicht innerhalb von acht Wochen entschieden hat; zum Zweck der rechtzeitigen Beschlussfassung des Nationalrates hat der Präsident ein solches Ersuchen spätestens am vorletzten Tag dieser Frist zur Abstimmung zu stellen. Die tagungsfreie Zeit wird in diese Frist nicht eingerechnet.

(5) Im Falle der Ergreifung auf frischer Tat bei Verübung eines Verbrechens hat die Behörde dem Präsidenten des Nationalrates sogleich die geschehene Verhaftung bekanntzugeben. Wenn es der Nationalrat oder in der tagungsfreien Zeit der mit diesen Angelegenheiten betraute ständige Ausschuss verlangt, muss die Haft aufgehoben oder die Verfolgung überhaupt unterlassen werden.

(6) Die Immunität der Abgeordneten endigt mit dem Tag des Zusammentrittes des neugewählten Nationalrates, bei Organen des Nationalrates, deren Funktion über diesen Zeitpunkt hinausgeht, mit dem Erlöschen dieser Funktion.

(7) Die näheren Bestimmungen trifft das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates.

Bundesgesetz vom 4. Juli 1975 über die Geschäftsordnung des Nationalrates

§ 10

(1) Die Abgeordneten dürfen wegen der in Ausübung ihres Berufes geschehenen Abstimmungen niemals, wegen der in diesem Beruf gemachten mündlichen oder schriftlichen Äußerungen nur vom Nationalrat verantwortlich gemacht werden.

(2) Die Abgeordneten dürfen wegen einer strafbaren Handlung - den Fall der Ergreifung auf frischer Tat bei Verübung eines Verbrechens ausgenommen - nur mit Zustimmung des Nationalrates verhaftet werden. Desgleichen bedürfen Hausdurchsuchungen bei Abgeordneten der Zustimmung des Nationalrates.

(3) Ansonsten dürfen Abgeordnete ohne Zustimmung des Nationalrates wegen einer strafbaren Handlung nur dann behördlich verfolgt werden, wenn diese offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten steht. Die Behörde hat jedoch eine Entscheidung des Nationalrates über das Vorliegen eines solchen Zusammenhanges einzuholen, wenn dies der betreffende Abgeordnete oder ein Drittel der Mitglieder des mit diesen Angelegenheiten betrauten ständigen Ausschusses verlangt. Im Falle eines solchen Verlangens hat jede behördliche Verfolgungshandlung sofort zu unterbleiben oder ist eine solche abzubrechen. Entscheidet der Nationalrat, daß ein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit des betreffenden Abgeordneten besteht, hat er gleichzeitig über seine Zustimmung zur behördlichen Verfolgung des betreffenden Abgeordneten zu beschließen.

(4) Die Zustimmung des Nationalrates gilt in allen diesen Fällen als erteilt, wenn der Nationalrat über ein entsprechendes Ersuchen der zur Verfolgung berufenen Behörde nicht innerhalb von acht Wochen entschieden hat.

(5) Im Falle der Ergreifung auf frischer Tat bei Verübung eines Verbrechens hat die Behörde dem Präsidenten des Nationalrates sogleich die geschehene Verhaftung bekanntzugeben. Wenn es der Nationalrat oder in der tagungsfreien Zeit der mit diesen Angelegenheiten betraute ständige Ausschuß verlangt, muß die Haft aufgehoben oder die Verfolgung überhaupt unterlassen werden.

(6) Die Immunität der Abgeordneten endigt mit dem Tag des Zusammentrittes des neugewählten Nationalrates, bei Organen des Nationalrates, deren Funktion über diesen Zeitpunkt hinausgeht, mit dem Erlöschen dieser Funktion.

§ 80

(1) Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung eines Abgeordneten gemäß § 10 Abs. 2 und Abs. 3 erster Satz, Ersuchen um Entscheidung über das Vorliegen eines Zusammenhanges im Sinne des § 10 Abs. 3, Mitteilungen von Behörden gemäß § 10 Abs. 5, Anträge von Behörden gemäß Art. 63 Abs. 2 B-VG sowie Ersuchen um die Ermächtigung zur Verfolgung von Personen wegen Beleidigung des Nationalrates weist der Präsident dem mit diesen Angelegenheiten betrauten ständigen Ausschuß (Immunitätsausschuß) sofort nach dem Einlangen zu. Ersuchen um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung gemäß § 10 Abs. 3 erster Satz sowie Ersuchen um Entscheidung über das Vorliegen eines Zusammenhanges im Sinne des § 10 Abs. 3 werden dem betroffenen Abgeordneten mitgeteilt.

(2) Der Vorberatung durch den Ausschuß folgen die Debatte und Abstimmung gemäß den Allgemeinen Bestimmungen über die Geschäftsbehandlung in den Sitzungen des Nationalrates. Bei Mitteilungen von Behörden gemäß § 10 Abs. 5 obliegt die Beschlußfassung in der tagungsfreien Zeit an Stelle des Nationalrates dem Immunitätsausschuß.

(3) Über Auslieferungsbegehren hat der Ausschuß dem Nationalrat so rechtzeitig Bericht zu erstatten, daß dieser spätestens am vorletzten Tag der gemäß § 10 Abs. 4 vorgesehenen achtwöchigen Frist hierüber abstimmen kann.

(4) Für den Fall, daß der Ausschuß nicht rechtzeitig Bericht erstattet, hat der Präsident das Auslieferungsbegehren spätestens am vorletzten Tag der achtwöchigen Frist zur Abstimmung zu stellen. (red)