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"Der Arzt muss nicht wie das Meerschweinchen in der Tretmühle Tag und Nacht in der Praxis sein", beschreibt Walter Dorner einen Vorteil, den Ärzte durch die Etablierung vom Gemeinschaftspraxen haben.

Foto: APA/Schlager
"Ich glaube, dass die Gemeinschaftspraxis - neben der Praxis des Einzelarztes - die Form ist, die uns in Zukunft eine gute, qualitativ hochwertige und exzellente Versorgung im niedergelassenen Bereich sichert und sonst nix." Walter Dorner, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, steht dem Vorschlag von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky , Ärzte-Gesellschaften bzw. Ärzte-Gemeinschaften zu gründen, im Gespräch mit derStandard.at prinzipiell positiv gegenüber.

Einzig bei der Finanzierung der neuen Praxen gehen die Meinungen auseinander, denn Gemeinschaftspraxen "brauchen und kosten Geld", so Dorner: "Die Ärzte, die eine Gemeinschaftspraxis gründen, sind ja nicht auf Camping-Urlaub." Die Fragen stellte Rosa Winkler-Hermaden.

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derStandard.at: Wie beurteilen Sie den von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky geäußerten Vorschlag, Gemeinschaftspraxen einzurichten?

Dorner: Es ist ein durchaus guter Vorschlag, dass sie das gesetzlich regeln will. Es ist ein Fortschritt, dass es Ärztepraxen geben soll, die auf gesellschaftlicher Basis beruhen. Man muss sich aber auch im Klaren sein, dass alles, was hier initiiert und gemacht wird, später der Entlastung des Spitalbereiches dienen soll. Daher müssen auch für diese Möglichkeiten Gelder in die Hand genommen werden.

derStandard.at: Es soll also keine Einsparungen durch die Etablierung von Gemeinschaftspraxen geben?

Dorner: Warum immer alle von Einsparungen reden? Jeder will ein optimales Gesundheitssystem. Auch die Frau Bundesministerin spricht darüber, dass wir das beste Gesundheitssystem Europas und eines der besten der Welt haben. Und gute Sachen kosten Geld. In Alpbach hat ein niederländischer Wissenschaftler gesagt: Wenn ich ein exzellentes Gesundheitssystem will, dann muss ich Geld hineinstecken und kann nicht dauernd von Sparen reden. Wenn ich mit einem guten Auto fahren will, dann muss ich Geld in die Hand nehmen und kann mir einen BMW kaufen und nicht nur ein "Gogomobil". Das sind Maxime, über die wir nicht hinwegkommen.

Kdolsky wird wegen der Etablierung der Gemeinschaftspraxen kein Geld einsparen können. Jeder Betrieb, der umstellt - der gewisse Bereiche verlagert, der rationalisiert - muss Geld in die Hand nehmen, um den späteren Erfolg sicher zu stellen.

derStandard.at: Für die Etablierung der Gemeinschaftspraxen wird also zusätzliches Geld benötigt?

Dorner: Wir werden ungefähr 2,4 Milliarden Euro brauchen, um das zu realisieren. Es werden ja dann Leistungen, die jetzt im Spital erbracht werden, ausgelagert. Und diese Leistungen müssen natürlich auch bezahlt werden. Die Ärzte, die eine Gemeinschaftspraxis gründen, sind ja nicht auf Camping-Urlaub. Sie wollen ja von etwas leben und müssen ihre Angestellten bezahlen. Das ist ein Betrieb, der Geld braucht und der Geld kostet, und der für die Betreiber einen Benefit abwerfen muss. In Konkurs will ja keiner der Ärzte gehen, wenn man zu fünft oder zu sechst eine solche Idee umsetzt.

derStandard.at: Ab wann kann es die Gemeinschaftspraxen geben?

Dorner: Wenn die Frau Bundesministerin es durchbringt, dass es zu Beginn des Jahres 2008, so wie sie es angekündigt hat, das Gesetz geben wird, dass Ärzte Gesellschaften gründen können, dann wird das möglichst gut und rasch - in zwei bis drei Jahren - umsetzbar sein.

derStandard.at: Was haben die Patienten von den Gemeinschaftspraxen?

Dorner: Wenn fünf Internisten eine Ärzte-Gemeinschaft eröffnen, dann wird es längere Öffnungszeiten geben. Vieles kann dann in der Arztpraxis, statt im Krankenhaus, behandelt werden.

Es wird viele Vorteile geben: die Versorgung ist wohnsitznahe, der Patient hat keine weiten Anreisen und der Patient kennt die Ärzte aus der Umgebung.

Ich glaube, dass die Gemeinschaftspraxis - neben der Praxis des Einzelarztes - die Form ist, die uns in Zukunft eine gute, qualitativ hochwertige und exzellente Versorgung im niedergelassenen Bereich sichert und sonst nix.

derStandard.at: Gibt es Vorteile für die Ärzte?

Dorner: Vorteile für die Ärzte gibt es natürlich, sonst bräuchten wir das nicht machen. Der Arzt muss nicht wie das Meerschweinchen in der Tretmühle Tag und Nacht in der Praxis sein, er kann sich mit Kollegen über eine zweite Meinung besprechen. Der Wissensaustausch zwischen gleichrangigen Ärzten wird vorangetrieben, und das Freizeitbedürfnis kann eher befriedigt werden, als wenn er als Einzelkämpfer dasteht. (derStandard.at, 3.9.2007)