Aus zarten Blüten formt der Wiener Michael Diewald in Handarbeit exquisites Konfekt.

Foto: Hersteller

Blühendes Konfekt gibt es jeden Donnerstag von 12 bis 19 Uhr in der Schmalzhofgasse 19, 1060 Wien.

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Größere Mengen können unter Blühendes Konfekt bestellt werden.

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Die Veilchen und ihr Duft. Nächtelang raubten sie Michael Diewald schon den Schlaf. Der 43-jährige las jedes Kochbuch, in dem etwas über die winzigen violetten Blumen geschrieben stand, probierte alles. Er wollte die Blüten der Viola mit Zucker kandieren. Er wollte ihren Duft in Zucker einfangen und sie gut dabei aussehen lassen. Doch die Veilchen wollten nicht - nach jedem Versuch wurden sie grau wie Wellpappe.

Diewald ist davon besessen, Natur zu essen. Er macht Konfekt aus wilden Blüten und anderem Grünzeug, das normalerweise als Unkraut gilt. Diewalds Konfekt aber gleicht wertvollen Preziosen. Seit der Wiener vor zehn Jahren damit begann, zuerst hobbymäßig in Uferböschungen und auf Waldwiesen wachsende Blüten mit Gewürzen und Früchten zu revolutionären Süßwaren zu kombinieren, tüftelt er unentwegt an neuen Ideen. "Ich bin oft bis zwei in der Früh in der Küche gestanden und habe herumprobiert", sagt er. Das Ergebnis dieser Mühen nennt der autodidaktische Konditor "Blühendes Konfekt".

Sammelsurium heimischer Botanik

Was da blüht, ist ein in Zucker gegossenes Sammelsurium heimischer Botanik: Zarte Marillenblüten, großflächige blassrosa Pfingstrosen, blitzblaue Kornblumen, gelbe, kelchförmige Himmelschlüssel oder winzige, fragile Vergissmeinnicht. Mit Eiklar und Staubzucker lässt Diewald die Gewächse zu filigranen, zart duftenden Skulpturen erstarren.

Von Chili-Limetten-Schokolade mit Melissenzucker und Kriecherlblüten über Föhrenblüten mit leicht gedörrten Mangostücken, Kumquat und Haselnuss oder in Marzipan gelegte Ananasminze mit Grapefruit und Pimpernussblüten bis zu Kamillenblütenschokolade mit Verbene und Johanniskraut hat er ebenso unerwartete wie schlüssige Kombinationen aus Frucht, Kraut und Schokolade entwickelt, die man so ganz sicher noch nie verkostet hat.

Welche Wildkräuter von Diewald ausgewählt werden, hängt nur von zwei Kriterien ab: Sie müssen essbar sein und intensiv schmecken. "So eine Praline ist nicht groß, da muss schon bei kleinen Mengen ein definierter Geschmack erkennbar sein", sagt der Wiener.

Denn die meisten der winzigen Blüten sammelt er selbst. Wenn die Frühlingssonne die Wiesen zum Blühen bringt, wandert Diewald auf abgesteckten Routen durch die Wiener Umgebung. Die Blüten werden unverzüglich in Zucker gegossen, um für Herbst und Winter, wenn nun einmal die beste Zeit für Schokolade ist, ihren Geschmack zu erhalten. Weiterverarbeitet werden sie erst später. Manchmal treibt es ihn auch bis ins Mostviertel, dann und wann sogar an die südfranzösische Côte d'Azur. Sein mit Plastikschüsserln gefüllter, monströser, blau-schwarzer Wanderrucksack ist immer dabei. Was er nicht selbst sammeln kann - Mangos, Ananas, Schokolade oder Marzipan etwa - bestellt er bei Biobauern oder aus dem Biogroßhandel.

Keine Veilchen

Diewald ist ein Spätberufener. Drei Jahre arbeitete der gelernte Betriebsinformatiker in der Computerbranche. Von einer Sinnkrise geplagt und von den Eltern argwöhnisch beäugt, begann Diewald vor Jahren in einem Bioladen zu arbeiten. Die Freude an kunstvollen Marzipanfiguren brachte ihn zur Confiserie. Seitdem tüftelt er an Süßspeisen und versucht, sie mit allem zu verbinden, was einfach so im Freien wächst.

Die Ergebnisse sehen nicht nur faszinierend aus, sie schmecken auch exquisit. Dabei war ein dreitägiger Kurs bei einem Konditormeister in München die einzige kochtechnische Ausbildung, die er besucht hat.

Die Veilchen aber, die den Meistern seiner Zunft leicht von der Hand gehen, hat Diewald aufgegeben. "Ich habe mir das einmal in einer Veilchenfabrik in Südfrankreich angeschaut. Die tauchen die Blüten einfach in eine lila oder rosa gefärbte Zuckerlösung", sagt Diewald.

Ein Trick, der sich nicht schickt für einen naturbesessenen Puristen. Deshalb wird es auch kein blühendes Konfekt von Veilchen geben - höchstens, Diewald findet doch noch einen Weg, auch die Schönheit dieser Blüten in Zucker einzufangen. (Christoph Zotter/Der Standard/rondo/14/09/2007)