Aißerdem fordert Neugebauer mehr Lehrer zu pragmatisieren.

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Standard: Herr Neugebauer, am Samstag werden Sie als Chef der ÖVP-Arbeitnehmer wiedergewählt. Im ÖAAB-Leitantrag wird gefordert: 45 Beitragsjahre sollen auch in Zukunft für eine abschlagsfreie Pension reichen. Stehen Sie damit nicht ziemlich allein da in der ÖVP?

Neugebauer: Ich weiß, dass einige mit dem Slogan "45 Jahre sind genug" nicht viel anfangen können. Aber da müssen wir uns durchsetzen. Daher stellen wir das an die Spitze unserer Forderungen. Wer 45 Jahre in ein System eingezahlt hat, hat einen moralischen Anspruch, besser behandelt zu werden als jemand, der nicht so viele Jahre seinen Beitrag geleistet hat.

Standard: SPÖ-Sozialminister Buchinger hat dazu bereits einen Entwurf ausgearbeitet. Ist es denkbar, dass die ÖAAB-Abgeordneten hier mit der SPÖ und gegen die ÖVP-Linie stimmen?

Neugebauer: Das werden wir am Ende des Tages sehen. Ich bin aber sicher, dass wir dafür in der Partei eine Mehrheit kriegen. Wir haben viele Forderungen nicht beim ersten Mal durchgebracht, sondern beim zweiten oder dritten Mal. Da muss man hartnäckig sein.

Standard: Parteichef Wilhelm Molterer hat sich festgelegt: Die Steuerreform kommt erst 2010 und wird nicht vorgezogen. Sie wollten eigentlich einen früheren Termin.

Neugebauer: Ich halte es nicht für gescheit, 2010, also vor einer Wahl, die Steuerreform zu machen. So etwas wird dann als Wahlzuckerl verstanden und nicht wirklich honoriert. Ich bin für den frühestmöglichen Termin. Aus heutiger Sicht wäre ein Vorziehen leistbar.

Standard: Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) will das Schulorganisationsgesetz ändern, um ihre Schulversuche zur Gesamtschule auch ohne explizite Lehrerzustimmung durchführen zu können. Morgen endet die Begutachtungsfrist. Unter welchen Umständen würde die ÖVP mitstimmen?

Neugebauer: Wir haben monatelang um ein Koalitionsabkommen verhandelt. Da steht von einem Gesetz, mit dem eine Gesamtschule angeboten werden soll, nichts drinnen. Wir haben daher gesagt: Es gibt eine Fülle von Ergebnissen von Schulversuchen. Die gehören zunächst aufgearbeitet. Was Frau Schmied macht, findet keine Deckung im Koalitionsabkommen. Wir können sie aber natürlich nicht daran hindern, wenn sie das zur Diskussion stellt.

Standard: Aber Sie können verhindern, dass Schmieds Entwurf beschlossen wird. Sie sind Bildungssprecher der ÖVP: Wird die ÖVP einer Gesetzesänderung zustimmen?

Neugebauer: Nein, das kommt so sicher nicht. Der Entwurf ist derartig mangelhaft. Es wird mit Recht kritisiert, dass Eltern und Lehrer keine Mitwirkungsmöglichkeiten hätten. Was in dieser neuen Schule geschieht, will die Ministerin per Verordnung festlegen und dann der Schule per Anschlag mitteilen.

Standard: Sie wollen also Schulversuche nur im Rahmen bestehender Gesetze?

Neugebauer: Absolut. Das wird auch der Weg für die Versuche in Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark sein.

Standard: Kritik an Ihnen gibt es nicht nur von der SPÖ, sondern auch von ÖVP-Kollegen: Sie wären kein Signal für eine moderne VP.

Neugebauer: In der Schuldebatte ist Innovation wichtig. Aber Erfahrung darf auch zählen. Ich kann nicht nur die eigene Unterrichtserfahrung, sondern aus Gesprächen mit Kollegen hunderttausend Lehrerstunden einbringen.

Standard: Ein Vorwurf ist auch, ihre Funktionen als ÖVP-Bildungssprecher und Obmann der Beamtengewerkschaft (GÖD) seien nicht vereinbar.

Neugebauer: Der Obmann einer so großen Teil-organisation muss Funktionen an der Parteispitze haben. Wennst beim Kirchenchor nicht dabei bist, kannst nicht mitsingen.

Standard: Das heißt Fritz Neugebauer wird der Politik noch länger erhalten bleiben?

Neugebauer: Wer einmal vom Bazillus des politischen Handwerks befallen wurde, wird ihn so schnell nicht mehr los.

Standard: Als GÖD-Chef müssen Sie im Herbst auch ein neues Dienstrecht verhandeln. Wo braucht es noch den Pragmatisierungsschutz?

Neugebauer: In allen Bereichen, die einem unbilligen Einfluss von außen unterliegen, braucht es einen Schutz, damit die öffentlich Bediensteten objektiv Gesetze vollziehen können. Das gilt zum Beispiel für die Steuerprüfung oder die Exekutive.

Standard: Und wie ist das bei den Lehrern?

Neugebauer : Das gilt aus dieser Sicht auch für Pädagogen. Es gibt Beispiele, wo bei der Notengebung versucht wurde, Einfluss zu nehmen. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.10.2007)