Wien - Das BZÖ sieht in der Einigung über die Schulreform zwischen den Koalitionsparteien ein Zeichen dafür, dass die SPÖ umgefallen ist. BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz meinte, damit sei das Wiener Gesamtschulmodell der SPÖ gestorben.

Als erfreulich bezeichnete es Grosz, dass "auch aufgrund des Drucks des BZÖ von einem leistungsfeindlichen bildungspolitischen Einheitsbrei abgerückt" worden sei. Nun werde das Modell der Wahlfreiheit anerkannt. Allerdings sei die Einigung ein lauwarmer Kompromiss, der kaum wesentliche Verbesserungen bringen werde.

Aus für Bildungsreform

"Das 'Herzstück' von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, die große Bildungsreform, wurde heute endgültig abgesagt", kritisierte der Grüne Bildungssprecher Dieter Brosz die von SPÖ und ÖVP verkündete Einigung zur Schulreform. "Was heute die Minister Schmied und Hahn verkündet haben, verdient den Namen Bildungsreform nicht".

Es solle lediglich neben der bestehenden Hauptschule und dem bestehenden Gymnasium ein dritter Schultyp getestet werden. "Das ist sicher keine gemeinsame Schule", so Brosz.

Verhandlungserfolg

ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon zeigte sich erfreut, dass "die sozialistische Zwangsverordnung von oben" bei der Schulreform-Einigung vom Tisch sei. Die ÖVP sichere Mitbestimmung die Freiheit zu Wählen für die Eltern. Missethon sprach von einem großen Verhandlungserfolg von Vizekanzler Wilhelm Molterer und Wissenschaftsminister Johannes Hahn.

Alle vier Punkte der ÖVP seien erfolgreich im Interesse der Eltern, Lehrer, Schüler und Länder durchgesetzt worden. "Jetzt sind wir wieder am Boden des Koalitionsübereinkommens angekommen", so Missethon. Nachdem jetzt die Länder ihre unterschiedlichen und klar umrissenen Schulversuche durchführen und Eltern, Lehrer und Schüler mitbestimmen können, "ist jetzt nur mehr ein einziger Punkt zu klären, nämlich: Was die 'Neue Mittelschule' von Ministerin Schmied eigentlich ist?", meinte der Generalsekretär.

"Jämmerliches Schauspiel"

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache sieht in der Einigung zur Schulreform "ein jämmerliches Schauspiel" beider Regierungsparteien. Wochenlang sei auf "Teufel komm raus" gestritten worden, um sich dann lediglich politische Einflusssphären zu sichern, kritisierte er bei einer Pressekonferenz am Dienstag. Als Alternative legte Strache der Regierung das FPÖ-Bildungskonzept ans Herz: Mehr Lehrer und Klassen seien ein Muss.

Für Strache ist die Einigung zwischen Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) und Wissenschaftsminister Johannes Hahn eine, "die gar nicht sichtbar ist". Er sieht in den Diskussionen der vergangenen Tage und Wochen lediglich "parteitaktische Spielchen auf den Rücken unserer Kinder". Keine Kann-, sondern eine Mussbestimmung soll für die FPÖ etwa die Klassenschülerhöchstzahl von 25 sein. Außerdem beharrt der FPÖ-Chef beim Anteil von Schülern mit nicht deutscher Muttersprache auf ein Limit von 30 Prozent pro Klasse. Die Idee der Gesamtschule zählt Strache zu den "verstaubten Überlegungen der 68er-Generation".

Haider: "Problem ungelöst"

Ablehnung erntet der Kompromiss auch beim Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider. Die Vereinbarung sei keine Reform, sagte Haider am Dienstag vor Journalisten.

Wenn eine Schulreform unter dem Titel "Sichern der wohlerworbenen Rechte einer Klasse" laufe, dann könne nichts dabei herauskommen, kritisierte der Landeshauptmann. Das Problem der viel zu frühen Selektion der Kinder bleibe auch mit dieser Vereinbarung ungelöst.

In Kärnten sollen ab September 2008 zwei Modellversuche starten. Bereits auf Basis der bestehenden Gesetze fix beschlossen ist eine Kooperation der Übungs-Hauptschule in Klagenfurt und des dortigen Oberstufenrealgymnasiums, geplant außerdem im Rahmen einer Erweiterung der beiden Gymnasien ein neuer Schulstandort zur Neuen Mittelschule in Villach.

Erfreut zeigte sich auch die ÖVP-nahe Schülerunion. Die Vielfalt im Schulsystem sei gesichert ist. (APA)