Michael Grandt, Journalist und Mitautor des Buches "Die Waldorf-Connection" kritisiert die Ausbildung der WaldorfleherInnen.

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Rudolf Steiner, Begründer der Anthroposophie und Initiator der Waldorfpädagogik, forderte Bildung für alle und wies auf die Bedeutung von Naturverbundenheit hin. Ausgerechnet in Schriften des "Vordenkers für eine bessere Welt" finden sich jedoch rassistische Inhalte. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjM) in Deutschland war damit beauftragt, zu prüfen, ob einige seiner Schriften indiziert werden müssen.

Michael Grandt, Journalist und Mitautor des Buches "Die Waldorf-Connection" kritisiert die Ausbildung der WaldorfleherInnen in der laut Grandt auch Steiners Anthrosophie vermittelt wird: "Ob diese krude, völlig veraltete, unwissenschaftliche und aus der Theosophie entlehnte Weltanschauung eine Gefahr für die Schüler darstellt müssen die einzelnen Eltern für ihre Kinder selbst entscheiden."

Nach einem Auftrag des deutschen Bundesfamilienministeriums prüfte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften (BPjM), ob Steiners Schriften "Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch- nordischen Mythologie" und "Geisteswissenschaftliche Menschenkunde" indiziert werden sollen. Die Werke enthielten "Rassen-diskriminierende Aussagen", die geeignet seien, "Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren", hieß es damals aus dem Ministerium. Es handele sich dabei "keinesfalls um Zufallsprodukte oder durch den Zeitgeist bedingte rassistische Stereotype", hieß es im Antrag. Vielmehr seien diese als "Ausprägungen einer spezifisch Steinerschen esoterischen Rassenkunde" zu sehen.

Anfang September 2007 wurde entschieden: Zwar müssen die problematischen Schriften nicht indiziert werden, wohl aber muss der betroffene Verlag eine Selbstverpflichtung eingehen und die Bücher zukünftig kommentieren oder ein Beiblatt einlegen. Grandt kritisiert die Entscheidung der Bundesprüfstelle und hat nach eigenen Angaben bei der Kripo in Deutschland eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung und "Rassen"diskrimierung gegen den Rudolf-Steiner-Verlag in Dornach/Schweiz und zwei anthroposophische Buchhandlungen in Deutschland gestellt. "Ich will mit meinen Anzeigen herausfinden, ob Rudolf Steiner einen Freibrief in Sachen Antisemitismus und Rassismus erhält oder nicht", sagt Grandt zu derStandard.at. Denn: "Antisemitische Äußerungen dürfen nicht verbreitet werden, auch nicht in Büchern, deshalb ist ja auch 'Mein Kampf' verboten", so Grandt.

Rassismusvorwurf

Manche AnhängerInnen Steiners bestätigen, dass Steiner-Passagen rassistische Aussagen enthalten, stellen aber in Frage, dass daraus ein genereller Rassismusvorwurf abgeleitet werden kann. In einem Vortragsmanuskript Steiners heißt es etwa: "Diejenigen Menschen aber, die ihre Ich-Wesenheit zu wenig entwickelt hatten, die den Sonneneinwirkungen zu sehr ausgesetzt waren, sie waren wie Pflanzen: Sie setzten unter ihrer Haut zu viele kohlenstoffartige Bestandteile ab und wurden schwarz. Daher sind die Neger schwarz." An einer anderen Stelle spricht Steiner von "der ganz passiven Negerseele, die völlig der Umgebung angepasst ist".

Über Steiner-Passagen wie: "Das Judentum als solches hat sich aber längst ausgelebt, hat keine Berechtigung innerhalb des modernen Völkerlebens, und dass es sich dennoch erhalten hat, ist ein Fehler der Weltgeschichte, dessen Folgen nicht ausbleiben konnte" und "Wir geben diese Negerromane den schwangeren Frauen zu lesen, da braucht gar nicht dafür gesorgt werden, dass Neger nach Europa kommen, damit Mulatten entstehen; da entsteht durch rein geistiges Lesen von Negerromanen eine ganze Anzahl von Kindern in Europa, die ganz grau sind, Mulattenhaare haben, die mulattenähnlich aussehen werden", aus Steiners "Gesammelten Aufsätze zur Literatur" meint Grandt: "Diese Aussagen sprechen wohl für sich und können nicht ins Gegenteil umgedeutet werden".

Verboten im Nationalsozialismus

Während des Nationalsozialismus wurden die Waldorfschulen verboten. So heißt es auf der Website einer Waldorfschule: "Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden die Waldorfschulen nicht sofort verboten. Beginnend in Stuttgart, werden sie allmählich erstickt. Im November 1933 hatte Oberschulrat Fromann die Stuttgarter Waldorfschule inspiziert und war zu dem Schluß gekommen, dass die Waldorfschule einen Fremdkörper im nationalsozialistischen Schulwesen bilde und daher im gegenwärtigen Staate keine Daseinsberechtigung mehr besitze". In einer Studie von Steiner-Anhängern wird Steiner als "aktiver Gegner gegen Rassismus und Antisemitismus" dargstellt.

Grandt sagt dazu: "Das Verhalten der Anthroposophen im Dritten Reich entsprach keineswegs einer 'kollektiven Ablehnung', ganz im Gegenteil, 'biederten' sich hochrangige anthroposophische Funktionäre den Nationalsozialisten an. Sie schrieben Hitler sogar, die Anthroposophische Gesellschaft wäre eine in 'wertvollster Weise für das Deutschtum eintretende Gesellschaft'".

Kritik an Anthrosophie

Nicht nur Kritik in Bezug auf Antisemitismus und Rassismus wird in Zusammenhang mit Steiners Schriften genannt. "Rudolf Steiner, der eine okkult- esoterische Weltanschauung, die Anthroposophie erschaffen hat, ist auch der Begründer der Waldorfpädagogik. Alleine schon dieser Umstand würde mich als Elternteil nachdenklich machen", sagt Grandt. Die Frage, ob Steiners Antrosophie auch an Waldorfschulen vermittelt wird, wird heftig diskutiert. Viele WaldorfanhängerInnen verneinen dies.

Dazu fragt Grandt: "Wieso müssen sich Waldorflehrer aktiv mit der anthroposophischen Lehre auseinandersetzen, wenn diese nicht Gegenstand des Unterrichts ist?". Insgesamt kritisch sieht Grandt die Ausbildung der WaldorflehrerInnen. "In der Waldorflehrerausbildung gibt es Studieneinheiten, die sich unter anderem mit Elementarwesen, Dämonen, das Böse, geistigen Erfahrungen: Nah- und Todeserfahrungen, neue Seelenfähigkeiten, der Kind-gewollten Autorität des Lehrers oder mit der Zusammenarbeit mit den Engeln der Kinder befassen", sagt Grandt.

"Ob diese krude, völlig veraltete, unwissenschaftliche und aus der Theosophie entlehnte Weltanschauung eine Gefahr für die Schüler darstellt, wenn sie nun über Lehrer oder Unterrichtsfächer vermittelt werden kann, müssen die einzelnen Eltern für ihre Kinder selbst entscheiden", so Grandt, der diesbezüglich im Gespräch mit derStandard.at ein "hochbrisantes Buch" ankündigt. (burg/ derStandard.at, 15. November 2007)