Wien- Der Vorsitzende der Expertenkommission zur Schulreform und ehemalige steirische VP-Klubobmann Bernd Schilcher hat gemischte Erfahrungen mit der Einstellung konservativer Kreise zu Änderungen im Schulsystem. Einerseits ist er erstaunt über die Unterstützung der Wirtschaft und neuerdings der katholischen Kirche, meinte er im Gespräch mit der deutschen Wochenzeitung "Die Zeit": "Auf der anderen Seite ist der Kern der ÖVP weit härter als ich angenommen hatte. Dass so etwas in der ÖVP noch möglich ist, ist mir wirklich unbegreiflich. Da kann nur der Wolfi Schüssel dahinterstecken und darauf pochen: Mein Erbe wird nicht verschleudert."

Den "Schüssel-Gehrer-Kurs" hält Schilcher für eine "Konkursmasse". Auf jeder Veranstaltung höre er den Ruf nach Veränderung - "nicht immer in dieselbe Richtung, nicht immer Neue Mittelschule, aber Veränderung".

Neue pädagogische Konzepte

Dass die "Neue Mittelschule" die Patentlösung für alle Probleme ist, glaubt auch Schilcher nicht. Man müsse an vielen Schrauben drehen: "Aber es ist eine erste Lösung. Wir benötigen vor allem neue pädagogische Konzepte des individualisierten Unterrichts." Die Gesamtschule brauche man, "weil nur dort Vielfalt entsteht. Wenn ich schon vorher selektiere, kommen die unterschiedlichen Schüler ja nicht zusammen".

Zwei Lehrer

In der "Neuen Mittelschule" soll es laut Schilcher Team Teaching geben. Man brauche zwei Lehrer: "Einen, der fordert, einen, der fördert." Außerdem müsse das Angebot "drastisch erweitert werden, um die Begabungen bis zum 14. Lebensjahr erkennen zu können". Im Unterricht soll die Zeit flexibel gehandhabt werden: "Da können einmal drei Stunden zusammengelegt werden, oder ein anderes Mal können in mehrwöchiger Projektarbeit fächerübergreifend Forschungsfragen beantwortet werden." Unter Umständen könnten Fächer aufgelöst und fächerübergreifend unterrichtet werden.

Für einen Systemwechsel rechnet Schilcher mit einer Zeitspanne von 15 Jahren. Die Finnen hätten dafür 20 Jahre gebraucht: "Nur irgendwann muss man anfangen." (APA)