Wien - In einer ersten Reaktion tat die Wiener Stadtschulrats-Präsidentin die ganze Sache noch als Streit unter Erziehungsberechtigten ab. Ganz geheuer war es Susanne Brandsteidl dann aber doch nicht, dass der Vater eines Schülers des Gymnasiums in der Wasagasse in Wien-Alsergrund es als "wertvollen Teil der Erziehung" ansieht, seinem zwölfjährigen Sohn den Umgang mit Schusswaffen beizubringen, und der Bub öfters damit gedroht haben soll, seine Glock-Pistole in die Schule mitzubringen. Besorgte Eltern von Mitschülern hatten sich am Montag an die Öffentlichkeit gewandt (der Standard berichtete).

Übergriffiges Verhalten

Inzwischen ist der Stadtschulrat zum Schluss gekommen, dass die erhobenen Vorwürfe gegen den Zwölfjährigen "Tatsachen" sind. Der Bub lege ein "nicht tolerierbares, grob übergriffiges Verhalten gegenüber anderen Schülern der Klasse" an den Tag, heißt es in einer Aussendung. Komme es zu einem erneuten groben Übergriff, drohe der Schulverweis.

Eltern haben Angst

"Wir begrüßen es sehr, dass der Bub eine Chance bekommen hat, sein Verhalten zu ändern", sagt Anwalt Georg Zanger, der die Mutter einer Mitschülerin des Zwölfjährigen vertritt. "Das Problem wurde viel zu lange heruntergespielt." Viele Eltern seien froh, dass jetzt endlich etwas getan werde. "Andere haben Angst davor, dass der gute Ruf der Schule darunter leiden könnte." Seiner Mandantin gehe es aber vor allem darum zu verhindern, dass Kinder zum Wegschauen erzogen werden.

Schulpsychologen sind Mangelware

Um sicherzustellen, dass die Schüler der betreffenden Klasse nicht länger mit ihren Problemen allein gelassen werden, will der Stadtschulrat ein Mediationsverfahren einleiten. Außerdem werde man verstärkt psychologische Betreuung anbieten, sagt Stadtschulrat-Pressesprecher Matthias Meissner. Schulpsychologen sind in Wien ohnehin Mangelware, auf 10.000 Schüler kommt gerade einmal ein Psychologe.

Vater bezweifelt Wahrheitsgehalt der Vorwürfe

Der Vater des betreffenden Buben, Obmann der "Interessengemeinschaft für ein liberales Waffengesetz in Österreich", bezweifelt weiterhin den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe. Er habe nicht nur mit seinem Sohn, sondern auch mit Mitschülern und deren Eltern gesprochen, "niemand konnte mir etwas darüber sagen", sagt Georg Zakrajsek.

Ob die Schulleitung in den letzten Tagen mit dem Zwölfjährigen ein Vier-Augen-Gespräch geführt hat, kann der Pressesprecher des Stadtschulrates derzeit nicht sagen. "Ich gehe aber davon aus, dass alle Seiten gehört wurden", sagt Matthias Meissner.

Verwarnt wurde der Schüler jedenfalls schon öfters. Auf die disziplinarische Maßnahme der Rüge, die einem Schulverweis vorausgeht, hat der Direktor bereits vor Monaten zurückgegriffen. (Martina Stemmer/DER STANDARD Printausgabe 15.11.2007)