Sprache zu vermitteln lernen bisher nur SprachlehrerInnen in ihrer Ausbildung.

Foto: derStandard.at/Weber

Doch für SchülerInnen mit Migrationshintergrund ist auch Fachunterricht Sprachunterricht.

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Eltern verstehen die LehrerInnen nicht, LehrerInnen verstehen die Eltern nicht – und unter den Missverständnissen leiden oftmals die Kinder. Das berichten die Mitglieder des Österreichischen Verbandes für Deutsch als Fremdsprache (ÖDaF). "Sprache geht deshalb alle an, nicht nur DeutschlehrerInnen und die SchülerInnen", sagt Angelika Hrubesch, Verbandsvorsitzende. Gemeinsam mit ihren KollegInnen setzt sie sich dafür ein, dass Sprachvermittlung auf allen Ebenen geschieht.

Sprechen und Lernen

"Jeder Lehrer ist auch ein Deutschlehrer, denn schließlich unterrichten auch Mathe-LehrerInnen auf Deutsch", so Hrubesch. Deshalb bräuchten nicht nur Sprach- sondern auch FachlehrerInnen die nötigen Kompetenzen, um MigrantInnen Sprache zu vermitteln. Denn: "Wird die Sprache nicht gefördert, stagniert auch das Lernen."

Wie schwierig es ist, mit SchülerInnen umzugehen, die keine ausreichenden Deutschkenntnisse haben, berichtet Gerald Pertassek, Sprachlehrer an einer Wiener HTL, aus der Praxis: "Die Leute kommen aus der Grundschule zu uns, da ist der Sprachstand meist sehr unterschiedlich." Was er sich wünscht, ist nicht nur den Deutschunterricht in Gruppen zu teilen: "Wir brauchen Werkzeuge, um die Fähigkeiten der fremdsprachigen SchülerInnen zu bewerten, um auf sie individuell einzugehen.“ Dabei stellt sich Pertassek keine standardisierten Tests vor, sondern unterschiedliche Methoden, die in den ersten Wochen in der neuen Schule angewandt werden können.

Sprachbarrieren in allen Fächern

"Die Sprachbarrieren machen allen LehrerInnen zu schaffen", berichtet Sprachwissenschaftlerin Katharina Brizic. Der Großteil habe während der Ausbildung nicht gelernt, mit Kindern mit Migrationshintergrund umzugehen. "Beim interkulturellen Lernen gibt es großen Nachholbedarf an unseren Hochschulen", meint die Lehrbeauftragte. Zumindest die Bereitschaft der LehrerInnen, sich fortzubilden, um SchülerInnen besser integrieren zu können, sei jedenfalls da.

Die Ratlosigkeit unter den LehrerInnen zeige auch, wie sehr die Änderung der Ausbildung notwendig ist. "Deutsch als Zweitsprache" soll deshalb für alle PädagogInnen zum verpflichtenden Ausbildungsinhalt werden.

Nicht sprachlos

Da der Spracherwerb nicht in der Schule, sondern schon viel früher beginnt, können vor allem Eltern die Sprachförderung beeinflussen. "Daher müssen die Eltern von Migrantenkindern noch viel mehr in den schulischen Alltag miteinbezogen werden", fordert Brizic. Interessant dabei ist, dass die Familiensprache den Deutscherwerb fördert: "Laut Untersuchungen versorgen Eltern, die ihre Muttersprache weitergeben, ihre Kinder mit besonders großen sprachlichen Input, da sie diese Sprache auch am besten beherrschen", erklärt die Sprachwissenschaftlerin.

Wichtig ist allen Mitgliedern des ÖDaF, dass die Muttersprache erhalten bleibt, denn: "Wer nicht Deutsch kann ist nicht sprachlos, und wer seine Muttersprache nicht lernen darf, kann kein positives Verhältnis zur deutschen Sprache aufbauen." (lis/derStandard.at, 21. November 2007)