"Staatliche Unis sind nachwuchsfeindlich", meint Marian Adolf, Kommunikationswissenschafter an der Elite Uni "Zeppelin University".

Foto: Lorenz Widmaier
Wer sich an den östlichen Eingang des alten Hauptgebäudes der Zeppelin University (ZU) am deutschen Bodenseeufer verirrt, liest am Portal in kleinen Lettern: Wir investieren zuerst in Inhalte, dann in Immobilien. Eine vorauseilende Auskunft auf die mögliche Frage, warum eine solch exklusive Veranstaltung bislang in den eher bescheidenen Räumlichkeiten einer ausrangierten Fliegerschule Quartier bezogen hat. Damit ist es bald vorbei: nebenan entsteht um vierzehn Millionen Euro ein "state of the art"-Glas-Kubus als neues Flagschiff der jungen Privatuniversität. Geld ist nur scheinbar das Problem. Investieren wollen ist das Problem.

Die ZU in Friedrichshafen öffnete 2003 als gemeinnützige GmbH erstmals ihre Pforten, als erste deutsche Privathochschule die allein auf die (Anziehungs-)Kraft der Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften baut. Und auf privates Geld. Drei Fakultäten (hier Departments genannt) widmen sich dem "Zwischen" zwischen Wirtschaft, Politik und Kultur. Das macht sie nicht nur für Studierende und Wissenschaftler, sondern auch für die Wissenschafts- und Bildungspolitik zu einem spannenden Ort. Wer hier arbeitet, erlebt ein neues Projekt im Aufbau, mit all den Chancen und Unwägbarkeiten eines solchen Prozesses.

Hier findet man noch weitere flotte Slogans: jener der "Pioniere statt Eliten" steht unter einer ganz besonderen, monetären Spannung. Durchschnittlich viertausend Euro kostet ein Semester in einem der drei Bachelor und sechs Master-Studiengänge. Dieser Betrag deckt immer noch nur ein Drittel der Kosten des Studienplatzes - der Rest kommt von potenten Unterstützern, vor allem aus der Region. Trotzdem ist die ZU nicht zuletzt wegen wagemutiger StudentInnen mit Studiendarlehen und einer relativ liberalen Stipendienpolitik ein bunt gemischter Tummelplatz von Charakteren und Weltanschauungen. Auf dem neu errichteten Parkplatz stehen neben den frisch polierten Statuskarossen bunte Fahrräder, deren Integrität sich nicht selten kräftigem Rost verdankt.

Warum das super ist? Weil man hier nicht forschen darf, sondern muss. Weil man hier auf Studierende trifft, die nicht nur motiviert, sondern in einem Maße kritisch sind, dass nichts außer Frage steht. Weil man hier, auch wenn es manchmal vorkommt, Gruppengrößen über dreißig als Zumutung empfindet. Weil sich zehn Studierende als Gruppe ihre Lehrveranstaltungen selbst organisieren können. Weil Büro für Büro außergewöhnliche KollegInnen sitzen, mit denen man immer schon mal zusammenarbeiten wollte. Eine solche Uni entwickelt scheinbar auch unter Arrivierten eine beachtenswerte Attraktivität. Weil die Bürokratie hier einen Namen und eine Telefonnummer hat. Wen sie stört, der ruft an.

Eine zugegeben egozentrische Argumentation. Da ist wohl einer auf dem Elite-Trip? Ja und Nein. Denn eigentlich ist egal wie die Uni heißt: worauf es ankommt ist die Substanz. Böten andere - und nur wenige tun das - die selben Arbeits- und Studienbedingungen, wäre der Name egal. Sie tun es nur nicht: die Stellenlage an staatlichen Unis ist fatal, sie ist geradewegs nachwuchsfeindlich. Sie ist auch dort feindlich, wo undurchdringliche Bürokratie und unpersönliche Schrebergartenmentalität herrschen. Dort wo man Exzellenz predigt, und Mittelmäßigkeit züchtet, weil die Kapazitäten schlicht nicht ausreichen. Da verwundert der ständige Ruf nach Elite nicht: die zur Phrase verkommene Hoffnung auf das, was Uni eigentlich sein könnte. Aus Sicht der Wissenschaftler, inklusive unserer nicht gerade zierlichen Egos, ist auch das ISTA eine lobenswerte Idee, sogar in Gugging. Auch eine sinnvolle Auswahl der Studienanfänger ist eine gute Sache. Ein grundständiges Maß an Interesse, Motivation und Engagement macht das System Universität für alle lebenswerter.

Ob öffentliche oder private Institutionen für solche Zustände verantwortlich zeichnen ist zwar politisch, aber nicht wissenschaftlich relevant. Es geht um die Frage des gesellschaftlich zugemessenen Wertes für die Institution Universität. Darauf sollte sich die Debatte konzentrieren, nicht auf überholte Dichotomien und ideologische Trennlinien. Frei nach Riehl-Heyse: das Wichtigste was man für eine gute Universität tun kann, ist sie erst einmal zu ermöglichen. Mit Investitionen finanzieller und geistiger Art. Und durch Wert-schätzung für den Wert von Wissen und Bildung, der sich nicht immer sogleich in unmittelbarer Anwendung erschöpfen muss. Und ja, so was kann funktionieren. (Marian Adolf/derStandard.at, 3. Dezember 2007)